Maßgeblich ist zunächst das Vollstreckungsrecht
Ausgangspunkt der Beauftragung des Gerichtsvollziehers ist § 802l ZPO. Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach oder ist bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten, so darf der Gerichtsvollzieher bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben.
Hinweis
Diese Möglichkeit steht neben der Option, die Konten des Schuldners beim Bundeszentralamt für Steuern zu erfragen oder die Kraftfahrzeuge in Erfahrung zu bringen, für die der Schuldner als Halter beim Kraftfahrtbundesamt eingetragen ist.
Voraussetzung ist die fruchtlose Vermögensauskunft
Die beiden alternativen Voraussetzungen für die Beauftragung des Gerichtsvollziehers nach § 802l ZPO zielen auf § 882c Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ab. Der Schuldner muss entweder die Abnahme der Vermögensauskunft – wie im Fall des Lesers – grundlos verweigert haben (Nr. 1) oder er hat zwar ein Vermögensverzeichnis vorgelegt, aus dem sich aber kein zugriffsfähiges Vermögen ergibt, das die Befriedigung der Forderung erwarten lässt.
Widersprüchliche Gesetzeslage
Bis zum 20.11.2016 war der Antrag auf Einholung von Drittauskünften auf Forderungen von mindestens 500 EUR beschränkt. Mit dem "Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung" hat der Gesetzgeber diese Wertgrenze gestrichen (BGBl I 2016, 2591) und für die Gleichstellung aller Gläubiger Sorge tragen wollen. Übersehen hat er dabei, dass allein im Hinblick auf die Deutsche Rentenversicherung die Wertgrenze doppelt abgesichert war. In § 74a Abs. 2 SGB X ist für exakt die gleiche Auskunft die Wertgrenze von 500 EUR weiterhin normiert.
Zwischen Frage und Antwort unterscheiden
Die Rechtsprechung differenziert im Frage- und Antwortspiel. Aus vollstreckungsrechtlicher Sicht gilt keine 500-EUR-Grenze. Der Gerichtsvollzieher ist aber allein an die ZPO gebunden und deshalb verpflichtet, die Deutsche Rentenversicherung nach dem Arbeitgeber anzufragen (LG Düsseldorf, 3.4.2018 – 19 T 192/17 mit der die entgegenstehende Entscheidung des AG Neuss. 30.10.2017 – 63 M 667/17 aufgehoben wurde; LG Bonn, 31.8.2017 – 4 T 309/17). Es liegt dann an der Deutschen Rentenversicherung, ob sie antwortet. In der sozialrechtlichen Literatur wird – soweit das Problem überhaupt gesehen wird – das redaktionelle Versehen des Gesetzgebers zwar erkannt, gleichwohl die Wertgrenze für weiterhin verbindlich erachtet (Woltjen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 74a SGB X Rn 48.).
Hinweis
Dabei weist das LG Düsseldorf (a.a.O.) allerdings darauf hin, dass der Gerichtsvollzieher nur die in § 74a Abs. 2 S. 3 SGB X aufgeführten Daten zu bestätigen hat. Dazu gehört die Höhe der Vollstreckungsforderung nicht. Es kann sinnvoll sein, den Gerichtsvollzieher darauf hinzuweisen. Es obläge dann der Deutschen Rentenversicherung, die Forderungshöhe selbst zu ermitteln.
Paradoxe Rechtslage – wenig Alternativen
In der Konsequenz kann das paradoxe Ergebnis entstehen, dass der Gerichtsvollzieher zwar zur Anfrage verpflichtet ist, seine Mitteilung sich aber in der Auskunft erschöpft, dass die Deutsche Rentenversicherung eine Auskunft nach § 74a SGB X verweigert – für den Gläubiger ein teure Nichtauskunft.
Als Alternative bleibt dem Gläubiger einer kleineren Forderung nur, auf außergerichtliche Ermittlungen zurückzugreifen. Verschiedene Dienstleister bieten hier Auskünfte ebenso an, wie regionale Außendienste Ermittlungen anbieten. Auf die Recherche im Internet muss nicht mehr ausdrücklich hingewiesen werden.
FoVo 12/2018, S. 224 - 225