Entscheidung gilt in der Einzelvollstreckung
Die Entscheidung ist zum Verbraucherinsolvenzrecht ergangen, betrifft aber die dort gleichermaßen anwendbaren Pfändungsschutzvorschriften in der Einzelzwangsvollstreckung. Insoweit ist sie auf die Einzelzwangsvollstreckung übertragbar und hier zu beachten.
Pfändungsoptionen sehen
Für den Gläubiger ist dabei weniger die Aussage von Relevanz, dass Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit pfändungsfrei sind, als vielmehr der Umkehrschluss, dass Zuschläge zu anderen Zeiten frei pfändbar sind. Auch soweit die Unpfändbarkeit dem Grunde nach gegeben ist, muss auf die Höhe des beanspruchten Pfändungsfreibetrags geschaut werden. Die Steuerfreiheit umschreibt die Pfändungsfreiheit. Nicht selten orientiert sich aber die Zulage nicht allein an der Steuerfreiheit und überschreitet diese Grenze.
Zu beachten ist auch, dass die Gewährung von Zulagen möglicherweise den Anträgen der Schuldner auf einen erweiterten Pfändungsbeitrag nach § 850f Abs. 1 ZPO entgegenstehen kann, weil der erweiterte Bedarf mit den Zulagen gedeckt werden kann.
Vertrauen ist gut, Kontrolle in Teilschritten ist besser
All dies sehen kann nur ein Gläubiger, der die Lohnpfändung konsequent verfolgt. Die erste Voraussetzung dafür ist, dass schon mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom Drittschuldner die Lohnabrechnung herausverlangt wird (vgl. hierzu FoVo 2013, 56). Hier kann kontrolliert werden, ob überhaupt Zulagen gewährt werden.
Durch die Kontrolle mehrerer und früherer Lohnabrechnungen kann auch festgestellt werden, ob erst im Angesicht einer Lohnpfändung eine "Umwandlung" von Lohnbestandteilen in Zulagen stattgefunden hat, um die Lohnzahlung für die Pfändungsbeiträge zu optimieren. Solchen Manipulationen kann durch einen Klarstellungsbeschluss ebenso wie nach § 850h ZPO (Lohnverschleierung und Lohnverschiebung) entgegengetreten werden.
Hinweis
Schon im amtlichen Formular für die Forderungspfändung ist auf S. 8 auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung angelegt, dass auch die letzten drei Lohnabrechnungen vor der Pfändung herauszugeben sind.
Letztlich kann dann auf der Grundlage der bei den Finanzämtern jeweils aktuell zu beschaffenden Tabellen über steuerfreie Zuschläge nach Maßgabe des § 3b EStG geprüft werden, ob die Zuschläge tatsächlich auch in Gänze oder nur in Teilen steuerfrei sind. Dabei ist auch zu prüfen, ob die steuerrechtliche Definition der Nachtzeit sowie des Sonn- und Feiertages beachtet wurde.
Hinweis
Ist die Abrechnung des pfändbaren Einkommens danach zu beanstanden, so kann zunächst der Arbeitgeber darauf hingewiesen werden. Korrigiert er die Abrechnung nicht, kann ein Klarstellungsanspruch beim Vollstreckungsgericht beantragt werden (vgl. FoVo 2017, 48).
FoVo 12/2018, S. 235 - 238