Leitsatz
Gibt der Schuldner an, über keine Einkünfte zu verfügen und von einem Dritten unterstützt zu werden, hat er die Person namentlich zu bezeichnen, die Anschrift anzugeben und mitzuteilen, ob er Gegenleistungen erbringt.
AG Osnabrück, Beschl. v. 12.6.2019 – 55 M 194/19
1 I. Der Fall
Vermögensauskunft ohne Einkommen und Vermögen
Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung. Der Schuldner hat die Vermögensauskunft abgegeben. Dabei gab er an, über kein eigenes Vermögen zu verfügen. Er werde von seinen Verwandten und seiner Lebensgefährtin unterstützt.
Der Gläubiger verlangt nunmehr die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses, insbesondere die konkrete Bezeichnung der unterstützenden Personen. Auch möchte der Gläubiger wissen, ob der Schuldner für die Unterstützung seinerseits Gegenleistungen erbringt.
GV lehnt Nachbesserung ab
Der Gerichtsvollzieher hat die Nachbesserung abgelehnt, weil die gewährenden Personen keine gesetzliche Unterhaltspflicht hätten. Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Gläubigers, der der Gerichtsvollzieher nicht abgeholfen hat.
2 II. Die Entscheidung
Voraussetzungen der Nachbesserung
Die Erinnerung ist zulässig und begründet. Ein Gläubiger kann die Nachbesserung einer Vermögensauskunft verlangen, wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt hat. Dazu muss aus dem Vermögensverzeichnis selbst ersichtlich sein, dass die Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind, oder der Gläubiger glaubhaft machen, dass der Schuldner im Vermögensverzeichnis versehentlich unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat.
Unzulässig ist allerdings eine Nachbesserung zur Beantwortung von Fragen über Vermögenspositionen, die schon zusammengefasst verneint sind (vgl. BGH, Beschl. v. 29.3.2017 – I ZB 62/16, juris mit weiteren Nachweisen dort). Dem Verlangen des Gläubigers auf Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses können nur die Angaben entgegengehalten werden, die im Vermögensverzeichnis dokumentiert sind. Auf nicht im Vermögensverzeichnis angeführte Angaben des Schuldners, die sich nur aus einer dienstlichen Stellungnahme des Gerichtsvollziehers ergeben, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, vgl. BGH, Beschl. v. 15.12.2016 – I ZB 54/16, juris.
Wer keine Einkünfte hat, muss trotzdem Angaben machen
Gibt der Schuldner an, keine Einkünfte zu haben und von einem Dritten (Lebensgefährten/in oder Verwandten) unterhalten zu werden, so ist er verpflichtet, Namen und die Anschrift des Unterstützers sowie Art und Umfang der ihm gewährten Unterstützung offenzulegen. Er muss auch angeben, ob er für die Unterstützung irgendwelche Gegenleistungen erbringt (vgl. BeckOK-ZPO/Fleck, 2019, § 802c Rn 15 m.w.N.). Der Gerichtsvollzieher hat weder den Rechtsgrund einer Unterhaltspflicht zu prüfen noch kann er sich auf Angaben des Schuldners berufen, die nicht in der Vermögensauskunft enthalten sind (s.o.).
3 Der Praxistipp
Nachbesserung ohne gesetzliche Regelung
Die Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Sie ist als Institut allgemein anerkannt und ergibt sich aus dem Zusammenspiel von § 802c und § 802d ZPO. Nach § 802c ZPO hat der Schuldner Auskunft über sein gesamtes Vermögen zu geben. Nur wenn die Auskunft vollständig, präzise und widerspruchsfrei ist, kann er das Privileg der Sperrfrist von zwei Jahren nach § 802d ZPO in Anspruch nehmen.
Amtspflicht des GV und die Folgen
Der Gerichtsvollzieher nimmt die Vermögensauskunft ab und hat so die Amtspflicht, für die Vollständigkeit Sorge zu tragen. Trägt er dem nicht Rechnung, so liegt eine falsche Sachbehandlung vor. Folge ist, dass der Gerichtsvollzieher die Nachbesserung durchführen muss, ohne dafür Kosten verlangen zu können. Weder entsteht eine Gebühr nach Nrn. 260, 261 KV GvKostG noch dürfen – entgegen der häufigen Praxis der Gerichtsvollzieher – Auslagen für die erneute Ladung des Schuldners erhoben werden. Ohne Gebührentatbestand fehlt es an einem Bezugspunkt für einen Auslagentatbestand (vgl. nur OLG Sachsen-Anhalt, 11.5.2017 – 12 W 87/16, DGVZ 2017, 210).
Verschleiertes Einkommen
Gibt der Schuldner an, über kein eigenes tatsächliches Einkommen zu verfügen, so bedeutet das nicht zwingend, dass der Schuldner kein zugriffsfähiges fiktives Einkommen aufzuweisen hat. Leistet der Schuldner einem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder Dienste, die nach Art und Umfang üblicherweise vergütet werden, unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung, so gilt nach § 850h Abs. 2 S. 1 ZPO im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen eine angemessene Vergütung als geschuldet.
Vor diesem Hintergrund muss der Schuldner jeden Dritten benennen, der seinen Unterhalt sicherstellt, und zugleich angeben, welche Leistungen er für den Dritten erbringt. Das können Tätigkeiten im Haushalt wie im beruflichen Umfeld sein. Häufig versetzen solche Leistungen die unterstützte Person erst in der Lage, ihre eigenen Einkünfte optimiert zu erzielen. Pfän...