I. Die Ausgangslage
Mehrere Gläubiger, ein Vollstreckungsbescheid
Wir haben als registriertes Inkassounternehmen nach § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RDG für insgesamt vier Ärzte einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Wir wurden auch von diesen jeweils beauftragt. Ein Auftrag einer Gemeinschaftspraxis oder GbR wurde nicht erteilt. In welcher Beziehung die Ärzte zueinander stehen, lässt sich dem Vollstreckungsbescheid nicht entnehmen. Auch hierauf hat der Schuldner allerdings nicht gezahlt, so dass wir einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nach §§ 829, 835 ZPO für alle vier Gläubiger bezogen auf das Bankkonto des Schuldners beantragt haben (§ 833a ZPO).
Vollstreckungsauftrag und Gebührenberechnung für vier Antragsteller
Im Rahmen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses haben wir ausgehend von einer Resthauptforderung von unter 500 EUR eine 1,2-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3309, 1008 VV RVG in Höhe von 58,80 EUR, die hierauf bezogene Auslagenpauschale von 11,76 EUR und – mangels Vorsteuerabzugsberechtigung unserer Mandanten – die Umsatzsteuer von 13,41 EUR, insgesamt mithin 83,97 EUR an Kosten geltend gemacht.
AG lehnt Erhöhung der Gebühr nach Nr. 1008 VV RVG ab
Das AG – Vollstreckungsgericht – beanstandet nun die Kostenberechnung im PfüB, da Ärzte einer Gemeinschaftspraxis in der Regel eine GbR darstellen, so dass keine Erhöhungsgebühr anfalle. Das AG bezieht sich dabei auf verschiedene Entscheidungen (AG Schwabach DGVZ 2005, 79; BSG RVGreport 2005, 219/220; OLG Köln AGS 2006, 277/278; SG Dortmund JurBüro 1995, 586 und JurBüro 1994, 731).
Haben wir die Erhöhungsgebühr tatsächlich zu Unrecht erhoben?
II. Auskunfts- und Herausgabeansprüche
Das Vollstreckungsgericht unterscheidet zunächst nicht zwischen dem Erkenntnisverfahren und dem Vollstreckungsverfahren und sodann nicht zwischen den Anspruchsinhabern.
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Zunächst ist zu sehen, dass der Anspruch hier nicht für die GbR tituliert wurde, sondern für vier einzelne natürliche Personen. Ob es sich um eine Gemeinschaftspraxis handelt und diese in Form einer GbR geführt wird, lässt sich dem Vollstreckungsbescheid nicht entnehmen und ist im Vollstreckungsverfahren auch nicht zu prüfen. Es könnte auch eine Praxisgemeinschaft sein, die gerade keine GbR darstellen muss (vgl. Schöne, in: BeckOK-BGB, 59. Ed. v. 1.5.2021, § 705 Rn 182). Ob es im Titulierungsverfahren genügt hätte, einen Titel für eine – wenn denn überhaupt bestehende – GbR zu erwirken und für eine Titulierung zugunsten der Gesellschafter der GbR ein Rechtsschutzbedürfnis zu verweigern, kann dahinstehen, wenn ein anderslautender Titel vorliegt. |
Hinweis
Die GbR ist bisher jedenfalls nur ein loser Zusammenschluss verschiedener Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Die lose Verbindung lässt auch eine schnelle Auflösung sowie die Aufnahme und das Ausscheiden von Gesellschaftern zu. In diesem Kontext besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auf Titulierung einer Forderung zugunsten der Gesellschaft wie der Gesellschafter, da die Forderung so (zu-)teilbar bleibt.
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Im Vollstreckungstitel steht keine GbRVorliegend ist der Anspruch für vier Gläubiger tituliert. Diese sind damit – wie immer im Zweifel – Gesamtgläubiger i.S.d. § 428 BGB. Wesentliches Merkmal für die Gesamtgläubigerschaft ist, dass jeder Gläubiger in vollem Umfang forderungsberechtigt ist (vgl. Kreße, in: BeckOGK, Stand 1.9.2021, § 428 Rn 6). Nach §§ 750, 794 Abs. 1 Nr. 4, 795 ZPO wiederum wird die Vollstreckung für und gegen die im Vollstreckungsbescheid genannten Personen betrieben. Dies sind die vier Ärzte und keine GbR. |
Zitierte Rechtsprechung ist nicht einschlägig
Die von dem AG in der Leseranfrage herangezogene Rechtsprechung ist nicht einschlägig bzw. es liegt jeweils ein abweichender Fall vor.
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Ausweislich der Sachverhaltsdarstellung in der Entscheidung des AG Schwabach vom 17.3.2005 (2 M 969/05, DGVZ 2005, 79) wurde ausdrücklich ein Auftrag für "Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR" erteilt. Ausweislich des hier geschilderten Sachverhalts wurde aber eben gerade kein Antrag in dieser Weise gestellt, sondern ein Antrag für die einzelnen Gläubiger. |
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Die Entscheidung des BSG vom 24.10.2004 (B 6 KA 15/04 R, GesR 2005, 229, = ZMGR 2005, 107) betraf ein Hauptsacheverfahren und nicht – wie hier – ein Zwangsvollstreckungsverfahren. Gegenstand war ein Widerspruchsverfahren gegen einen Bescheid einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) wegen der Zuordnung einer Gemeinschaftspraxis zu einer bestimmten Arztgruppe. Auch in diesem Fall hat also die Gesellschaft aktiv agiert. Im vorliegenden Fall wurde die Inkassodienstleisterin aber von vier einzelnen Ärzten selbstständig beauftragt. |
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Nicht anders verhält es sich bei der Entscheidung des OLG Köln v. 7.12.2005 (17 W 263/05, AGS 2007, 277). Das Verfahren betrifft ein Kostenfestsetzungsverfahren zu einem Hauptsacheverfahren und kein Zwangsvollstreckungsverfahren. Hier hat das OLG gerade keine Anspruchsgeltendmachung für die einzelnen Ärzte, sondern aufgrund der Antragstellung im Hauptsacheverfahren explizit eine solche für die Gesellschaft angenommen. An einer s... |