Es entscheidet der Richter
Nach § 802g ZPO erlässt "das Gericht" gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl.
Nach § 764 Abs. 1 ZPO gehört die den Gerichten zugewiesene Anordnung von Vollstreckungshandlungen und Mitwirkung bei solchen zur Zuständigkeit der AG als Vollstreckungsgerichte. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG repräsentiert der Rechtspfleger das Vollstreckungsgericht, wenn keiner der dort genannten Ausnahmefälle vorliegt. Zwar ist der Erlass des Haftbefehls hier nicht als Ausnahme aufgeführt, diese ergibt sich aber aus § 4 Abs. 2 Nr. 2 RPflG. Der Rechtspfleger ist danach nicht befugt, Freiheitsentziehungen anzuordnen.
Abwägen, was die richtige Maßnahme ist
Erscheint der Schuldner zur Abnahme der Vermögensauskunft nicht, gibt es dafür zunächst zwei mögliche Ursachen. Einerseits kann die wirtschaftliche Situation des Schuldners schon so desaströs sein, dass ihm alles egal ist. Andererseits kann es sein, dass der Schuldner etwas – Einkommen, Vermögen oder Vermögensverschiebungen i.S.d. §§ 3 ff. AnfG – zu verbergen hat. Der Gläubiger bzw. sein Bevollmächtigter müssen also abwägen, ob sie Anhaltspunkte dafür haben, ob der Schuldner zur ersten oder zur zweiten Gruppe gehört. Im ersten Fall muss dann entschieden werden, ob gleichwohl angesichts der erheblichen Kosten sofort ein Haftbefehl beantragt werden soll.
Drei Optionen
Wird davon ausgegangen, dass der Schuldner leistungsfähig sein könnte, und dem weiter nachgegangen werden soll, ergeben sich drei Optionen:
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Sprechen und ZahlungsvereinbarungWas immer hilft: Es kann gesprochen werden. Auf der Grundlage des Nichterscheinens wird der Schuldner im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Wenn er tatsächlich noch über Einkommen oder Vermögen verfügt oder auch Vermögensverschiebungen verbergen will und bisher noch keine Eintragungen im Schuldnerverzeichnis vorliegen – was ein Indiz für diesen Fall sein kann –, wird er die Eintragung ggfs. vermeiden wollen. Eine Zahlungsvereinbarung würde die Eintragung hindern. |
Hinweis
Für den Gläubiger ist dann aber von zentraler Bedeutung, dass er diese absichert, damit der Schuldner nicht unmittelbar nach dem Ablauf von Anfechtungsfristen seine Zahlungen einstellt.
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Drittauskünfte und eigene ErmittlungenEs können auf der Grundlage von § 802l ZPO Drittauskünfte beim Gerichtsvollzieher zu Arbeitgeber, Zahlungskonten und Fahrzeugen eingeholt werden. Selten hilft dies aber bei Vermögensverschiebungen. Allerdings können Drittauskünfte durch eigene Auskunftsverlangen und Ermittlungen etwa beim Grundbuchamt nach §§ 12, 12a GBO erreicht werden. |
Hinweis
Beim Grundbuchamt bzw. allgemein bei Nachforschungen zu Vermögensverschiebungen ist allerdings darauf zu achten, dass nicht bzw. nicht nur nach dem Schuldner gesucht wird. Dieser hat das Vermögen ja abgegeben. Insoweit ist zumindest auch nach den in § 138 InsO genannten nahestehenden Personen, aber auch nach Lebensgefährten und guten Freunden zu fragen. Das rechtliche Interesse ergibt sich aus dem Vollstreckungstitel in Kombination mit den Anfechtungsmöglichkeiten nach §§ 3 ff. AnfG.
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HaftbefehlLetztlich bleibt der in der Entscheidung des BGH angesprochene Haftbefehl, um die umfassende Auskunft zu erzwingen. |
Hinweis
Wer sich für den Haftbefehl entscheidet, sollte dann auch erwägen, am Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft teilzunehmen, wenn nicht sichergestellt ist, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner mit der nötigen Intensität befragt.
Wichtig: situationsbezogene Abwägung
Wichtig ist es, dass der Gläubiger zwischen den Möglichkeiten unterscheidet und eine bewusste Entscheidung trifft. Anderenfalls bleibt häufig nicht mehr als die teure, aber wirkungslose Aktion.
FoVo 12/2021, S. 253 - 258