Keine Regelung zur Unpfändbarkeit
Die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 25.7.2022 gegen den Beschluss des AG Wuppertal vom 8.7.2022 (Az. 145 IN 644/18) wird auf dessen Kosten zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Die gesetzlichen Regelungen zur Energiepreispauschale finden sich in den §§ 112 ff. EStG. Sie unterliegt grundsätzlich der Besteuerung, § 119 EStG, und die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung sind entsprechend anzuwenden, § 120 Abs. 1 EStG. Regelungen zur (Un-)Pfändbarkeit der Energiepreispauschale hat der Gesetzgeber nicht geschaffen.
Unerheblich: ob Arbeitseinkommen oder nicht
Das Bundesfinanzministerium (Homepage, FAQ-Bereich zur Energiepreispauschale, Stand 31.8.2022) geht davon aus, dass es sich bei der Energiepreispauschale nicht um Arbeitslohn handelt und sie deswegen auch nicht der Lohnpfändung unterfällt. Dem vermag sich das Beschwerdegericht zwar im Grundsatz anzuschließen, dies führt in der Sache jedoch zu keinem anderen Ergebnis.
Bei der Energiepreispauschale handelt es sich nicht um Arbeitslohn. Zwar entstammt die Zahlung – im Falle eines Arbeitnehmers – faktisch der Brutto-Lohnzahlung des Arbeitgebers. Da die Energiepreispauschale steuerrechtlich aber der einzubehaltenden Lohnsteuer zu entnehmen ist (§ 117 Abs. 2 S. 2 EStG), ist sie nicht dem Lohnbereich, sondern dem steuerlichen Bereich zugeordnet und kann daher richtigerweise nicht als Arbeitslohn betrachtet werden. Dies mag u.U. dazu führen, dass eine im Rahmen einer Einzelzwangsvollstreckung ausgebrachte Lohnpfändung keine Abführungspflicht des Drittschuldners an den Gläubiger auslöst (vgl. AG Norderstedt v. 15.9.2022 – 66 IN 90/19), ändert aber nichts an der Pfändbarkeit als solcher.
Letztlich: eine faktisch vorgezogene (pfändbare) Steuererstattung
Insofern kommt die Energiepreispauschale aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung einem Steuerverzicht bzw. einer (vorzeitigen) Steuererstattung gleich. Der Staat verzichtet auf einen Lohnsteueranteil, wodurch eine Auszahlung an den Bürger generiert werden kann. Steuererstattungsansprüche sind gern. § 46 Abs. 1 AO aber grundsätzlich pfändbar (AG Norderstedt v. 15.9.2022 – 66 IN 90/19).
Eine Unpfändbarkeit ist im Ergebnis nicht zu erkennen:
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Als pfändungsgeschützte Aufwandsentschädigung i.S.v. § 850a Nr. 3 ZPO kann die Energiepreispauschale nicht angesehen werden. Danach müsste sie Aufwendungen betreffen, die im Zusammenhang mit einer Tätigkeit erforderlich werden, ohne bereits mit dem Tätigkeitsentgelt abgegolten zu sein (BGH NZI 2017, 461 Rn 9). Die Pauschale soll zwar Mehraufwendungen kompensieren, sieht aber von einem konkreten Aufwand ab. |
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Sie stellt auch keine Erschwerniszulage gem. § 850a Nr. 3 ZPO dar. Dazu wäre regelmäßig eine besondere körperliche, also persönliche und nicht nur wirtschaftliche Belastung erforderlich (BGH NJW 2016, 2812 Rn 13; BAG NJW 2017, 3675 Rn 42). |
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Ebenso wenig kommt ein Pfändungsschutz aus § 850f Abs. 1 Nr. 2 ZPO wegen eines besonderen Bedürfnisses des Schuldners in Betracht. Dieses muss konkret und aktuell vorliegen sowie außergewöhnlich in dem Sinn sein, dass es bei den meisten Personen in vergleichbarer Lage nicht auftritt (BGH NJW 2009, 2313 Rn 10). Daran fehlt es bei der allen Steuerpflichtigen gewährten Pauschale. |
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Ein Pfändungsschutz ist auch nicht aus § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 399 Alt. 1 BGB zu begründen. Die Zweckbindung erscheint hier eher flüchtig, das "Gießkannenprinzip" führt zu einer unspezifischen Leistung (Ahrens, NJW-Spezial 2022, 341). |
LG erachtet die Sache für eindeutig
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (§ 574 ZPO).