Zuständigkeitsbestimmungsverfahren
Das KG ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Bestimmung des örtlich zuständigen Vollstreckungsgerichts berufen, weil das AG Mitte als das zuerst mit der Sache befasste Gericht zu seinem Bezirk gehört und aufgrund der Beteiligung eines weiteren AG aus einem anderen OLG-Bezirk an dem Zuständigkeitsstreit das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der BGH wäre.
Neuregelung der Abgabe statt Verweisung hindert die Zuständigkeitsbestimmung nicht
Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen derzeit aber nicht vor, weil der Sachverhalt weiterer Aufklärung bedarf. Allerdings ist eine Zuständigkeitsbestimmung im Vollstreckungsverfahren zulässig, und zwar auch nach Inkrafttreten des § 828 Abs. 3 ZPO, der anstelle einer Verweisung die formlose Abgabe vorsieht (OLG München, Beschl. v. 23.6.2010 – 31 AR 34/10, JurBüro 2010, 497; OLG Jena, Beschl. v. 20.8.2000, OLGR 2001, 62; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 44. Aufl. 2023, § 828 Rn 6). Ferner haben sich die an dem negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte auch rechtskräftig im Sinne der Vorschrift (vgl. zum Begriff BGH, Beschl. v. 4.6.1997 – XII ARZ 13/97, NJW-RR 1997, 1161) für unzuständig erklärt. Dass die entsprechenden Beschlüsse jeweils lediglich der Gläubigerin und nicht auch dem Schuldner bekanntgemacht worden sind, ist im Hinblick auf die Regelung in § 834 ZPO, wonach dessen Anhörung nicht vorgesehen ist, unschädlich (OLG München, Beschl. v. 23.6.2010 – 31 AR 34/10, JurBüro 2010, 497; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, a.a.O., § 828 Rn 6).
Grundlagen zur Gerichtsstandsbestimmung sind nicht hinreichend geklärt
Eine Bestimmung des zuständigen Vollstreckungsgerichts ist aufgrund des bislang von der Gläubigerin mitgeteilten Sachverhalts jedoch nicht möglich. Gemäß § 828 Abs. 2 ZPO ist als Vollstreckungsgericht für die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte das AG, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und sonst das AG zuständig, bei dem nach § 23 ZPO gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann. Entsprechend der Regelung in § 828 Abs. 2 ZPO kann auf den Vermögensgerichtsstand nach § 23 ZPO nur dann zurückgegriffen werden, wenn sich der Schuldner im Ausland aufhält und nicht über einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland verfügt (Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 828 Rn 2; Thomas/Putzo/Seiler, a.a.O., § 828 Rn 3).
Zuständigkeit für den wohnsitzlosen Schuldner bedenken
Als inländischer Gerichtsstand kommt dabei auch § 16 Alt. 2 ZPO in Betracht. Zwar setzt § 16 ZPO grundsätzlich die vollständige Wohnsitzlosigkeit einer Person voraus (BGH, Beschl. v. 14.1.2010 – IX ZB 76/09, FamRZ 2010, 553; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 16 Rn 4 f.). Als Auffangtatbestand greift die Bestimmung nach herrschender und zutreffender Auffassung aber auch dann, wenn und solange sich nach einer Wohnsitzaufgabe – trotz umfassender und erschöpfender Nachforschungen – die Neubegründung eines Wohnsitzes nicht feststellen lässt (BGH, Beschl. v. 15.1.1993 – XII ARZ 32/91, NJW-RR 1992, 578; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 22.6.1999 – 2 AR 27/99, NJW-RR 2000, 929; Senat, Beschl. v. 23.3.2007 – 2 AR 11/07 und v. 2.10.2018 – 2 AR 51/18, jeweils nicht veröffentlicht).
Gläubiger ist zu Nachforschungen verpflichtet
Nach diesen Grundsätzen hängt die örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts davon ab, ob und gegebenenfalls welche Nachforschungen die Gläubigerin zur Ermittlung des aktuellen Wohnsitzes des Schuldners angestellt hat und welche konkreten Ergebnisse diese Ermittlungen erbracht haben. Derartige Nachforschungen, die sich keinesfalls in einer bloßen Melderegisterabfrage erschöpfen dürfen, sind hier im Übrigen bereits aufgrund der beantragten öffentlichen Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unverzichtbar (vgl. Zöller/Schultzky, a.a.O., § 185 Rn 2 ff. m.w.N.). Sollten sich hierbei tatsächlich greifbare Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Schuldner mittlerweile einen Wohnsitz im Ausland begründet hat, wäre das AG Berlin-Mitte gemäß § 828 Abs. 2 Alt. 2 ZPO i.V.m. § 23 ZPO als Vollstreckungsgericht zuständig. Andernfalls bestünde gemäß § 828 Abs. 2 Alt. 1 ZPO i.V.m. § 16 Alt. 2 ZPO eine Zuständigkeit des AG Diez.
Das zuerst angerufene Gericht führt die Ermittlung durch
Da in dem Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO die von dem an dem negativen Kompetenzkonflikt beteiligten AG bislang versäumte Aufklärung des Sachverhalts nicht nachgeholt werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 10.8.1994 – X ARZ 689/94, NJW 1995, 534; Senat, Beschl. v. 8.9.2008 – 2 AR 45/08, KGR 2008, 1001), sind die hierfür erforderlichen Auflagen an die Gläubigerin dem Vollstreckungsgericht zu überlassen. Dabei erscheint eine Rückgabe der Sache an das AG Berlin-Mitte zweckmäßig, das von der Gläubigerin zuerst angerufen worden ist.