Einführung
Hier besteht Handlungsbedarf
Von 2001 bis 2004 hat der Gesetzgeber die verschiedenen Justizkostengesetze strukturell umgestaltet, ihnen einen allgemeinen Regelungsteil vorangestellt und die konkreten Gebühren und Auslagen in einem Kostenverzeichnis aufgeführt. Lediglich die Kostenordnung (KostO), das Kostengesetz für die Notare und weite Bereiche der freiwilligen Gerichtsbarkeit wurden ausgelassen. Seit diesem Zeitpunkt ist es auch zu keinen Anpassungen der Gebühren und Auslagen mehr gekommen. Nun will der Gesetzgeber die Gebühren und Auslagen der Vollstreckungsorgane sowie die Auslagen der Rechtsanwaltschaft den allgemeinen Kostensteigerungen anpassen, gleichzeitig mit der Anhebung der Gebühren im RVG die Rechtsanwälte an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben lassen. Die FoVo-Redaktion und der Autor gehen davon aus, dass aus dem Entwurf mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Gesetz wird, und berichten deshalb schon jetzt ausführlich. Das Gesetz soll zum 1.7.2013 in Kraft treten. Deshalb müssen die möglichen Entwicklungen schon heute in die Betrachtung der künftigen Workflows eingebunden werden:
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Höhere Kosten zwingen dazu, über Alternativen nachzudenken. Dies gilt auch für den Rechtsdienstleister im Interesse seines Mandanten. Der Mandant möchte nämlich möglichst wenige Gebühren und Auslagen ohne konkrete Aussicht auf deren spätere Beitreibung zahlen. Wer hier die effektivsten und kostengünstigsten Lösungen anbietet, wird sich bei den immer kritischeren Mandanten durchsetzen. |
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Zu beachten ist natürlich auch die künftige Möglichkeit, das eigene Gebührenaufkommen zu steigern. Anders als es auf den ersten Blick zu vermuten ist, kommt es nicht nur zu Gebührensteigerungen, sondern durchaus auch zu Reduzierungen. |
I. Neu: Gerichts- und Notarkostengesetz
Bedeutung: Titulierung und Rechtsnachfolge
Ein neues Gerichts- und Notarkostengesetz soll die Kostenordnung ersetzen. Im Forderungsmanagement und in der Zwangsvollstreckung hat dies besonders in zwei Bereichen Auswirkungen:
Notarielles Schuldanerkenntnis
Zum einen kann die Titulierung einer Forderung im Wege eines notariellen Schuldanerkenntnisses mit Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO sinnvoll sein, was allerdings nur in Kooperation mit dem Schuldner möglich ist.
Beispiel
Die Schaffung einer notariellen Urkunde sollte mit dem kooperationswilligen Schuldner immer besprochen werden. Sie hat für Gläubiger und Schuldner den Vorteil, dass die dem Notar zufließenden Gebühren niedriger sind als die Gerichtsgebühren im Mahnverfahren (0,5) oder gar im gerichtlichen Erkenntnisverfahren (3,0). Darüber hinaus hat der Gläubiger den Vorteil, dass der Schuldner die Kosten des Notars unmittelbar dort entrichten muss, der Gläubiger also nicht in Vorlage treten muss.
Kostenrechtsänderung konkret
Und so sehen die neuen Kostenstrukturen nach dem bisherigen Entwurf im Vergleich aus:
Geschäftswert |
KostO |
2. KostRModG |
Kosten AGMV |
Kosten Klage (neu) |
1.000 EUR |
10 EUR |
19 EUR |
27,50 EUR |
150 EUR |
3.000 EUR |
26 EUR |
33 EUR |
44,50 EUR |
285 EUR |
5.000 EUR |
42 EUR |
45 EUR |
60,50 EUR |
375 EUR |
10.000 EUR |
54 EUR |
75 EUR |
98,00 EUR |
600 EUR |
(Stand: Entwurf vom 13.12.2011)
Rechtsnachfolge: Erbscheinsantrag nach § 792 ZPO
Verstirbt der Schuldner, kann zwar die Vollstreckung in den Nachlass ohne weiteres fortgesetzt werden, wenn die Zwangsvollstreckung bereits begonnen hat, § 779 ZPO. Anders sieht das aber aus, wenn die Forderung noch gegenüber den Erben tituliert werden muss oder der bereits gegen den Schuldner erwirkte Titel auf den Erben umgeschrieben werden muss, § 727. Im letzten Fall muss der Gläubiger die Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachweisen, d.h. einen Erbschein. Hat der Gläubiger Glück, wurde bereits ein Erbschein erteilt, so dass er sich kostengünstig beim Nachlassgericht eine beglaubigte Abschrift beschaffen kann, §§ 13, 357 FamFG. Anders verhält es sich, wenn er einen eigenen Erbscheinsantrag stellen muss, was ihm der Gesetzgeber nach § 792 ZPO gestattet, der aber auch ihn als Kostenschuldner belastet.
Kostenrechtsänderung konkret
Dies sind dann die Kostenstrukturen:
Geschäftswert |
KostO |
2. KostRModG |
10.000 EUR |
54 EUR |
75 EUR |
20.000 EUR |
72 EUR |
107 EUR |
50.000 EUR |
132 EUR |
165 EUR |
100.000 EUR |
207 EUR |
273 EUR |
(Stand: Entwurf vom 13.12.2011)
II. Gerichtskosten: Gebührenunterdeckung beseitigen
265 Mio. Mehreinnahmen für den Staat
Im Bereich der Gerichtskosten, insbesondere bei den seit 2001 unveränderten Gebühren und Auslagen der GV, sieht der Gesetzgeber eine unzureichende Kostendeckungsquote. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Schuldenbremse in den Bundesländern soll der Zuschussbedarf aus dem Gesamthaushalt gesenkt werden. Der Gesetzgeber will alleine den Ländern 265 Mio. EUR pro Jahr an Mehreinnahmen verschaffen! Das hat sowohl im gerichtlichen Mahnverfahren (AGMV) als auch im gerichtlichen Erkenntnisverfahren Folgen.
Veränderung von Mindestgebühr und Streitwertgrenzen
Dabei belässt es der Gesetzgeber nicht dabei, dass er die Mindestgebühr im gerichtlichen Verfahren von 25,00 EUR auf 35,00 EUR (+ 33 %) anhebt – wobei die Mindestgebüh...