Prozessualer Ansatz nicht entschieden

Grundsätzlich kann der Schuldner oder jeder andere berechtigte Dritte, etwa ein nachpfändender Gläubiger, die Vorpfändung im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO angreifen und deren Unwirksamkeit geltend machen, sofern sich dadurch seine Rechtsstellung verbessert. Fraglich ist, wie lange die Erinnerung gegen die Vorpfändung statthaft ist, da sie regelmäßig binnen Monatsfrist durch die nachfolgende Pfändung überholt ist (§ 845 Abs. 2 ZPO). Der BGH hat die Frage offen gelassen. Das OLG Köln (Rpfleger 1991, 261) hatte bereits 1991 entschieden, dass für ein Rechtsmittel gegen die Vorpfändung nach Erlass eines PfÜB nur dann ein Rechtsschutzinteresse bestehe, wenn der Schuldner ein Interesse am Wegfall der rangwahrenden Vorpfändung dartut. Aus entsprechenden Anwendung des § 99 Abs. 1 ZPO folge, dass ein bloßes Interesse am Wegfall der Kostenbelastung nicht ausreiche.

 

Hinweis

Das Rechtsschutzinteresse kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die Vorpfändung an einem Mangel leidet, der dem PfÜB nicht anhaftet. So kann die fehlerhafte Zustellung der Vorpfändung trotz nachfolgend ordnungsgemäßer Zustellung des PfÜB bedeutungsvoll sein, wenn es zwischen den Zustellungen zu einer Abtretung oder weiteren Pfändung gekommen ist.

Achtung: BGH entscheidet zwei weitere wichtige Praxisfragen

Der BGH hat mit seiner Entscheidung zwei weitere für die Praxis wichtige Fragen entschieden:

Zunächst ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gläubiger im konstruktiven Zusammenwirken mit den Vollstreckungsorganen die Vollstreckung in Steuererstattungsansprüche bereits vor Ablauf des Steuerjahres vorbereitet.
Sodann kann der Gläubiger zwar das auf den 2.1. des neuen Jahres datierte Benachrichtigungsschreiben der Vorpfändung entsprechend § 845 ZPO dem GV bereits vor dem Jahreswechsel überreichen und ihn mit der Zustellung zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Tages beauftragen. Der PfÜB dagegen darf das Vollstreckungsgericht erst am 2.1. des neuen Jahres in Richtung des GV verlassen, der dann noch die Zustellung veranlassen muss.
 

Hinweis

Wer also dem Grundsatz des sichersten Weges folgen will, muss in Fällen, in denen von mehreren die Steuererstattungsansprüche pfändenden Gläubigern auszugehen ist, zunächst die Vorpfändung zustellen lassen und dann zeitnah, mindestens aber in der Monatsfrist des § 845 ZPO die Pfändung durch die Zustellung eines PfÜB an den Drittschuldner bewirken (§ 829 Abs. 3 ZPO).

Eine Pfändung von Steuererstattungsansprüchen ist besonders dann interessant, wenn

er besonders hohe Werbungskosten hat, etwa weil er eine nicht unerhebliche Wegstrecke von mehr als 15 Kilometern für die einfache Fahrt zwischen Wohnort und Arbeitsort zurücklegen muss. In diesem Fall wird die Werbungskostenpauschale von 1.000 EUR, wie sie seit 2011 Geltung beansprucht, überschritten.
er Ehegattenunterhalt zahlt, den er u.U. als außergewöhnliche Belastung von seinem zu versteuernden Einkommen in Abzug bringen kann. Da Trennungen und Scheidungen nicht selten Ursache dafür sind, dass es zu Rückständen in der Erfüllung von Zahlungsverbindlichkeiten kommt, vielleicht kein so seltener Fall.
Der Schuldner im laufenden Steuerjahr arbeitslos geworden ist, weil der monatliche Lohnsteuerabzug dann möglicherweise die im Steuerjahr fällige Jahressteuer unter Berücksichtigung des allgemeinen Freibetrages von 8.004 EUR übersteigt.

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