Unsicherheiten bleiben

Am 1.1.2013 ist die Reform der Sachaufklärung in Kraft getreten. Die Erfahrungen des ersten Monats zeigen, dass noch viel Unsicherheit herrscht. Hieran haben die Landesjustizverwaltungen einen wesentlichen Anteil, weil sie es nicht geschafft haben, mit der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung rechtzeitig Klarheit im Sinne aller Beteiligten zu schaffen. Obwohl das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung schon im Jahre 2009 im Bundesgesetzblatt veröffentlich worden war, wurden mehr als drei Jahre nicht genutzt, um die GVGA anzupassen.

GVGA bringt keine Sicherheit

Derzeit liegt ein weiterer Entwurf zur Stellungnahme bei den Bundesländern. Er beschränkt sich in vielen Teilen auf eine Wiederholung der gesetzlichen Regelung und bezieht zu den entscheidenden Streitpunkten keine Stellung.

 

Hinweis

So bleibt offen, wie alt eine vom Gläubiger vorzulegende Einwohnermeldeauskunft sein darf, um eine nur kostenintensive Aufenthaltsermittlung nach § 755 Abs. 1 ZPO zu vermeiden und unmittelbar die Möglichkeiten des § 755 Abs. 2 ZPO nutzen zu können. Unklar bleibt auch weiterhin, ob bei jedem beliebigen Gerichtsvollzieher ein Auskunftsverlangen nach § 802l ZPO angebracht werden kann. Gleiches gilt für die Anforderung eines bereits vorliegenden Vermögensverzeichnisses. Für beides gibt es angesichts der elektronischen Lösungen kein Bedürfnis für eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers am Wohnort des Schuldners, da dieser an der Informationsbeschaffung nicht persönlich beteiligt ist.

Gerichte müssen entscheiden

Am Ende wählt die Exekutive wieder den für sie einfachen, für die Beteiligten aber schlechtesten Weg: Die Gerichte sollen entscheiden. Das wird über Monate Rechtszersplitterung und Rechtsunsicherheit bedeuten, bis höchstrichterlich Streitfragen durch den BGH entschieden sind.

Aus Leserzuschriften haben wir die ersten Reaktionen der Gerichtsvollzieher (GV) auf Vollstreckungsanträge der Gläubiger. Einige Beispiele wollen wir nachfolgend präsentieren und die Handlungsoptionen aufzeigen.

 

Wenn der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger schreibt

"Gem. § 39 EGZPO sind Auftragseingänge ab 1.1.2013 ausschließlich nach neuem ZPO-Recht zu vollziehen. Leider entspricht der von Ihnen eingereichte Auftrag nicht den vorläufigen Formvorschriften bzw. den neuen gesetzlichen Bestimmungen. Sie können den vorläufig gültigen und genehmigten Musterauftrag des Bundesamtes der Justiz, welcher ausdrücklich zum II. Quartal 2013 offiziell als elektronisches Dokument eingeführt wird, unter"

www.dgvb.de (13.12.12 Reform der Sachaufklärung)

Formulare im Menüband Vordrucke – oben links

ausdrucken und mir zum o.g. Aktenzeichen per Post nachreichen (Fax sowie E-Mail sind nicht ausreichend, da zzt. keine qualifizierte Signatur möglich).“

Die Formvorschriften ergeben sich aus der ZPO!

Richtig ist an den Ausführungen lediglich, dass sich alle Anträge seit dem 1.1.2013 nach dem neuen Recht richten. Das neue Recht bestimmt allerdings in § 754 ZPO für den Auftrag an den GV gerade keine Form. Vielmehr ist der Antrag formfrei, d.h. schriftlich, mündlich oder elektronisch möglich. Das Bundesministerium der Justiz – und nicht das Bundesamt für Justiz – ist zwar ermächtigt, für den GV-Auftrag ein verbindliches Formular einzuführen. Hiervon hat es aber – anders als in der Forderungspfändung – bisher noch keinen Gebrauch gemacht, wenngleich die entsprechende Absicht trotz harscher Kritik an einem ersten Entwurf fortbesteht. Der angesprochene Entwurf des Deutschen Gerichtsvollzieherbundes (DGVB) ist im Rahmen der Diskussion lediglich ein Vorschlag eines der beteiligten Verbände. Er ist weder vorläufig noch sonst verbindlich. Zwar ist der Gläubiger nicht gehindert, diesen Vordruck zu verwenden, weil er in der Form seiner Antragstellung nach § 754 frei ist. Einen Zwang hierzu gibt es allerdings nicht. Der Gläubiger mag erwägen, ob der Vordruck seinen Interessen dient und die ihm mit der Reform der Sachaufklärung eröffneten Möglichkeiten wirklich nutzt. Dabei kann er den Vordruck mit dem Textvorschlag aus der FoVo 2012, 225 ff. vergleichen.

Klarstellung des DGVB

Inzwischen hat der DGVB seinen Text auf seiner Homepage auch ergänzt: "Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei diesem Vorschlag nicht um einen amtlichen Vordruck handelt. Die Benutzung ist allen Gläubigern freigestellt. Ein Vollstreckungsantrag, der nicht mit diesem Vordruck erteilt wurde, kann aus diesem Grunde nicht abgelehnt werden."

Derzeit ist völlig offen, ob und wann ein Formular für den GV-Auftrag eingeführt wird. Zwar besteht die Absicht, im II. Quartal 2013 einen weiterentwickelten Entwurf vorzulegen. Selbst in diesem Fall muss es aber eine Übergangsfrist geben, da die Softwarehersteller die Formulare in ihre Programme integrieren müssen. Es ist deshalb nicht damit zu rechnen, dass solche Formulare noch im Jahre 2013 verbindlich werden.

 

Hinweis

Aufgrund der vielen inhaltlichen und technischen Fragen tut das Bundesministerium der Justiz gut daran, zunächst die Erfahrungen mi...

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