Leitsatz
1. Die Zwangsvollstreckung einer Forderung ist unzulässig, wenn der Schuldner dieser Forderung mit einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch aufgerechnet hat, der in einem rechtskräftig abgeschlossenen Kostenfestsetzungsverfahren betragsmäßig festgesetzt worden ist (im Anschluss an BGH, Urt. v. 8.1.1976 – III ZR 146/73, JR 1976, 332).
2. Dies gilt auch für den Fall, dass die Kostengrundentscheidung in einem gegen Sicherheitsleistung vollstreckbaren Urteil ergangen und die Sicherheitsleistung von dem Aufrechnenden nicht erbracht worden ist.
BGH, 18.7.2013 – VII ZR 241/12
1 I. Die Entscheidung
Rechtskräftiger Kostenerstattungsanspruch ist aufrechenbar
Als auflösend bedingter Anspruch ist der als Forderung aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis zu wertende prozessuale Kostenerstattungsanspruch aufrechenbar. Im Klageverfahren kann die Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch aus einem anderen Prozess allerdings nur wirksam erklärt oder geltend gemacht werden, wenn der Kostenerstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren rechtskräftig festgesetzt oder – auch der Höhe nach – unbestritten ist (BGH NJW 1963, 714). Das Prozessgericht kann über einen nach Grund und/oder Höhe streitigen prozessualen Kostenerstattungsanspruch nicht entscheiden. Einer Entscheidung über den Grund steht die anderweitige Rechtshängigkeit entgegen; über die Höhe des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist ausschließlich in dem gegenüber dem Streitverfahren völlig selbständigen Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 103 ff. ZPO zu entscheiden. Wird die Aufrechnung dementsprechend im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage nach §§ 794 Abs. 1 Nr. 2, 795 Satz 1, 767 ZPO geltend gemacht, muss der Kostenerstattungsanspruch betragsmäßig durch einen rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss festgestellt sein, wenn sich die Parteien nicht über die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs einig sind.
Muss zuvor Sicherheitsleistung erbracht werden?
Streitig ist, ob die Aufrechnung mit den Forderungen aus den ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen daran scheitert, dass vor der Aufrechnung die angeordnete Sicherheitsleistung nicht erbracht wurde. Der Beklagte vertritt die Auffassung, der Gläubiger eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs, der auf einem gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Urteil beruhe, könne Befriedigung nur erlangen, wenn der Kostenschuldner sich im Falle der nachträglichen Abänderung des Kostentitels an der Sicherheitsleistung schadlos halten könne; erst dann solle der Kostengläubiger die Erfüllung der vorläufigen Kostenforderung erzwingen können. Dieser Grundsatz würde unterlaufen, wenn der Kostengläubiger mit der Kostenforderung vor Sicherheitsleistung aufrechnen könnte. Ein Grund, weshalb das Erfüllungssurrogat im Verhältnis zur Erfüllung ausnahmsweise dergestalt privilegiert werden müsste, dass es die Beitreibung der Forderung ohne Sicherheitsleistung gestatte, sei nicht erkennbar. Jedenfalls sei die Kostenforderung im Hinblick auf die zu erbringende Sicherheitsleistung einredebehaftet.
Der BGH sagt nein!
Die Aufrechnung mit einem prozessualen Kostenerstattungsanspruch scheitert nicht daran, dass nach dem ihm zugrunde liegenden Urteil die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung erfolgen darf. Eine angeordnete Sicherheitsleistung muss für die Wirksamkeit der Aufrechnung nicht erbracht sein. Voraussetzung für eine wirksame Aufrechnung ist, dass die Forderung desjenigen, der die Aufrechnung erklärt, durchsetzbar ist; der Forderungsinhaber muss die ihm gebührende Leistung fordern können. Im Regelfall kann der Gläubiger die ihm gebührende Leistung sofort, das heißt mit dem Entstehen der Forderung verlangen, § 271 Abs. 1 BGB. Der Kostenerstattungsanspruch wird mit der in einem vorläufig vollstreckbaren Urteil getroffenen Kostengrundentscheidung fällig. Der Gläubiger der Forderung kann daher von dem Schuldner bereits zu diesem Zeitpunkt die Erstattung seiner Kosten verlangen. Dementsprechend erfolgt die Kostenfestsetzung auf Antrag des Gläubigers ohne Rücksicht darauf, ob nach dem Urteil die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung zugelassen und diese erbracht worden ist. Eine dahingehende Überprüfung erfolgt erst bei der Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss. Daraus erschließt sich, dass die angeordnete Sicherheitsleistung nur zu erbringen ist, wenn der Kostenerstattungsanspruch im Wege der Zwangsvollstreckung und damit unter Zuhilfenahme staatlichen Zwangs durchgesetzt werden soll. Dem entspricht auch die Anordnung in dem vorläufig vollstreckbaren Urteil, wonach – lediglich – die (Zwangs-)Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung erfolgen muss.
Keine Gleichbehandlung von Aufrechnung und Zwangsvollstreckung
Eine Gleichbehandlung von Aufrechnung und Zwangsvollstreckung ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften, die bei der zwangsweisen Durchsetzung eines nur vorläufig vollstreckbaren Urteils die vorherige Leistung einer Sicherheit anordnen, nicht erforderlich. Der Verlust des Schadensersatzanspruche...