Leitsatz
Nicht jede Abweichung im Layout des Antrages auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom amtlichen Formular nach der Zwangsvollstreckungsformularverordnung rechtfertigt es, den Antrag wegen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften abzulehnen. Durch geringfügige, lediglich äußerliche Abweichungen im Erscheinungsbild wird die Bearbeitung des Antrags nicht erschwert.
LG Mannheim, 28.11.2013 – 10 T 58/13
1 I. Der Fall
Antrag auf PfÜB gegen zwei Drittschuldner
Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin aus einem Vollstreckungsbescheid des AG Wedding vom 6.5.2013. Wegen einer Forderung in Höhe von 2.175 EUR hat die Gläubigerin unter dem 14.6.2013 bei dem AG Mannheim den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB) beantragt, mit dem die angebliche Forderung der Schuldnerin gegenüber den beiden Drittschuldnerinnen gepfändet werden sollte.
AG bemängelt äußere Form des Formulars
Mit Beschluss vom 9.7.2013 hat das AG den Antrag der Gläubigerin auf Erlass eines PfÜB zurückgewiesen. Zur Begründung führt es aus, dass der Antrag nicht formgerecht eingereicht worden sei. Es seien Ergänzungen auch zum amtlichen Text bei den Ansprüchen A und D vorgenommen worden. Für den vorliegenden Antrag sei ein Vordruck verwendet worden, der dem amtlichen Formular zwar sehr ähnlich sehe, jedoch ein abweichendes Layout aufweise. Nachdem das AG der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen hat, musste nun das LG darüber entscheiden.
2 II. Die Entscheidung
Zwangsvollstreckungsformularverordnung als Ausgangspunkt
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO ist gewahrt. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Das AG hat mit unzutreffender Begründung den Erlass des PfÜB abgelehnt. Im Ausgangspunkt zutreffend weist das Amtsgericht darauf hin, dass gemäß § 829 Abs. 4 ZPO i.V.m. §§ 2 und 3 der Zwangsvollstreckungsformularverordnung (ZVFV) seit dem 1.3.2013 das amtliche Formular bei einem Antrag auf Erlass eines PfÜB verbindlich zu nutzen ist. Ein Antrag, der nicht das Formular benutzt, ist zurückzuweisen.
Die Gläubigerin ist im vorliegenden Fall dieser Verpflichtung nachgekommen. Der von ihr vorgelegte Antrag entspricht den gesetzlichen Formvorschriften. Das AG hat die Anforderungen an die Verwendung des amtlichen Formulars überspannt. Die gerügten Abweichungen im Layout des Antrages rechtfertigen es nicht, den Antrag abzulehnen. Der Gläubigerantrag entspricht inhaltlich vollständig dem in der Anlage 2 zur ZVFV vorgegebenen amtlichen Muster. Die bloßen Abweichungen im Erscheinungsbild rechtfertigen es nicht, den Gläubigerantrag zurückzuweisen. Die Einführung standardisierter Vordrucke soll eine schnelle und einfache Bearbeitung der zahlreichen Anträge in gerichtlichen Verfahren ermöglichen. Diese Ziele werden durch den von der Gläubigerin verwendeten Antrag nicht beeinträchtigt. Durch die geringfügigen, lediglich äußerlichen Abweichungen im Erscheinungsbild wird die Bearbeitung des Antrags nicht erschwert. Mit der vom AG gegebenen Begründung kann daher der Antrag auf Erlass des PfÜB nicht abgelehnt werden.
3 III. Der Praxistipp
LG Mannheim korrigiert sich selbst
Ohne nähere Ausführungen korrigiert das LG Mannheim mit dem vorliegenden Beschluss seine Entscheidung vom 22.5.2013, 10 T 26/13, in der es noch heißt: "Ein Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses muss zwingend auf dem dafür vorgesehenen amtlichen Vordruck erfolgen. Wird dieser Antrag durch das Hinzufügen von Text abgeändert, ist der Antrag unzulässig. Dass der Vordruck nicht sämtliche denkbaren Fälle abdeckt, steht dem nicht entgegen."
Pragmatismus ist der richtige Weg
Die Zwangsvollstreckungsformularverordnung ist kein Selbstzweck. Zunächst einmal muss sie sich im Rahmen der ZPO halten und mit den vorgegebenen Anträgen dem Gläubiger die Möglichkeit geben, seine zivilprozessualen Rechte auch tatsächlich zu nutzen. Erst wenn diesem Ziel Rechnung getragen ist, darf sie auch dem vom Landgericht hervorgehobenen Ziel dienen, die gerichtlichen Abläufe zu vereinfachen und zu optimieren. Solange das Formular allein der schriftlichen Antragstellung dient – es wurde nur für § 829 ZPO, nicht aber auch für das Verfahren nach § 829a ZPO eingeführt –, genügt es dafür, wenn die jeweils identischen Informationen für den bearbeitenden Rechtspfleger an der jeweils gleichen Stelle zu finden sind. Unerheblich sind dagegen geringfügige Abweichungen in der Größe, der Farbe oder den Schrifttypen. Das LG weist den richtigen, pragmatischen Weg, wenn es das Ziel von Formularen in den Vordergrund rückt und sie nicht zum Selbstzweck werden lässt.
BMJ sollte Lehren ziehen
Das Bundesministerium der Justiz sollte aus der inzwischen umfänglichen Rechtsprechung und den vielen Praxisproblemen die richtigen Konsequenzen ziehen und sich bei der Einführung von verbindlichen Formularen auf Massenprozesse beschränken, die elektronisch abgewickelt werden. Anderenfalls bewirken die Formulare lediglich einen Mehraufwand an Bürokratie mit erheblichen Investitionen in die Integ...