GV als Dienstleister
In Fällen wie dem vom AG Bremen entschiedenen zeigt sich die Ineffektivität der Ermittlungen des GV. Naheliegende Überlegungen werden nicht angestellt, vor allem wird der Auftrag nicht im verfassungsrechtlich geschützten Befriedigungsinteresse des Gläubigers betrieben, sondern nur in einem schnellen (Nicht-) Erledigungsinteresse. Das überzeugt nicht. Vom GV als staatlichem Organ ist hier anderes zu erwarten. Gerade weil sich die GV der Orts- und Personenkenntnis berühmen, ist zu erwarten, dass sie alle denkbaren Ermittlungen vor Ort anstellen. Dass Schuldner vor dem GV keinen Respekt mehr haben und vorgerichtliche Hinweise auf eine spätere Vollstreckung mit dem GV nur belächeln, verwundert vor dem Hintergrund des anderen tatsächlichen Verhaltens der GV nicht.
Schuldner ist in der Pflicht
Das Gericht zeigt richtig auf, dass eine Erkundigung bei dem Vermieter, dem Wohnungsverwalter oder dem Hausmeister über den Verbleib des Schuldners gefordert werden kann, aber auch keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere keinen datenschutzrechtlichen Bedenken begegnet. Es ist der Schuldner, der aufgrund der fortbestehenden titulierten Forderung gegenüber dem Gläubiger in der Pflicht ist, seinen Aufenthaltsort bekanntzugeben und sich erreichbar zu halten. Soweit der Schuldner seinen diesbezüglichen (Melde-)Pflichten weder gegenüber dem Gläubiger noch gegenüber den staatlichen Meldebehörden nachkommt, muss er damit rechnen, dass weitere Nachforschungen angestellt werden. Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Vollstreckungsanspruchs des Gläubigers (Art. 14, 6, 19 Abs. 4 GG) ist der Schuldner auch über Art. 2 GG nicht schutzwürdig. Dies gilt umso mehr, als eine Erkundigung nach dem Verbleib des Schuldners noch keine näheren Auskünfte über die gegen ihn bestehenden Forderungen verlangt.
Alternativen bedenken
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Gläubigers muss über ein alternatives Vorgehen nachgedacht werden. Dies kann darin liegen, die maßgeblichen Ermittlungen weit kostengünstiger selbst anzustellen. So kann versucht werden, den Schuldner telefonisch oder sonst elektronisch zu kontaktieren und, soweit es an den entsprechenden Kommunikationsdaten fehlt, eben diese beim Vermieter, dem Hausverwalter, dem Hausmeister oder einem Nachbarn in Erfahrung zu bringen. Ziel muss es sein, mit dem Schuldner ins Gespräch zu kommen und auf dieser Grundlage eine verlässliche und letztlich durch Sicherungsabtretungen von Lohn, Rente, Kontoansprüchen etc. oder Sicherungsübereignungen, etwa von einem Pkw oder einem Motorrad, abzusichern, wie nicht anders im Wege der Forderungs- oder Sachpfändung zugegriffen würde. Dieser Versuch sollte möglichst auch schon vor der Titulierung unternommen werden, um weitere Kosten zu sparen. Mit einem abstrakten Schuldanerkenntnis und einer verjährungsverlängernden Vereinbarung kann hier genauso viel wie mit einem Vollstreckungstitel erreicht werden. Niemand hindert den Gläubiger und seine Rechtsdienstleister, schon früh eigene Ermittlungen anzustellen. Der Schuldner kann dem jederzeit die Grundlage entziehen, indem er die Forderung ausgleicht oder seinerseits auf den Gläubiger zugeht, um ein Moratorium zu vereinbaren.
FoVo 2/2015, S. 38 - 40