Die Voraussetzungen des § 802l ZPO

Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach oder ist bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten, so darf der Gerichtsvollzieher nach § 802l ZPO Drittauskünfte beim Träger der Rentenversicherung über den Arbeitgeber, beim Bundeszentralamt für Steuern über die Konten und beim Kraftfahrtbundesamt über den Pkw des Schuldners einholen, sofern die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 EUR betragen, wobei Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen bei der Berechnung nur zu berücksichtigen sind, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags sind.

 

Hinweis

Der Vorteil der Drittauskunft liegt darin, dass es sich um aktuelle Angaben handelt, die verifiziert sind und von deren Erhebung der Schuldner erst vier Wochen nach der Übermittlung an den Gläubiger Kenntnis erlangt, so dass auch eine überraschende Pfändung gelingen kann.

Zeitliche Schranke?

Wie sich schon aus dem Wortlaut der Norm ergibt, ist die Beantragung der Einholung von Drittauskünften an eine Wertgrenze und sachliche Voraussetzungen, nicht aber an die Einhaltung einer Frist gebunden. Entgegen der Auffassung des Gerichtsvollziehers kann der Gläubiger einen Antrag auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO zeitlich nach dem Antrag auf Einholung einer Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO stellen, und zwar noch dann, wenn bereits der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft stattgefunden hat.

Keine Stütze in Wortlaut oder Gesetzesbegründung

Es ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 802a ZPO noch aus der Gesetzesbegründung, dass der Antrag auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO i.V.m. § 802l ZPO nur im Verbund mit einem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gestellt werden kann. Alle in § 802a Abs. 2 ZPO aufgezählten Maßnahmen sind selbstständig und können unabhängig voneinander vom Gläubiger beantragt werden. Art und Umfang des Vollstreckungszugriffs bestimmt der Gläubiger, der seinen Vollstreckungsauftrag auf einzelne Maßnahmen nach Satz 1 beschränken kann. Tut er dies, kann er zu einem späteren Zeitpunkt zu anderen in § 802a Abs. 2 ZPO vorgesehenen Vollstreckungsmaßnahmen greifen, ohne damit ausgeschlossen zu sein. So kann sich der Gläubiger zunächst Informationen über die aktuelle Vermögenssituation des Schuldners verschaffen und anschließend über die Einleitung gezielter Vollstreckungsmaßnahmen entscheiden. Ein sofortiger Pfändungsversuch wird dadurch ebenso wenig ausgeschlossen wie ein kombinierter Auftrag auf Sachaufklärung und gegebenenfalls anschließende Vollstreckung (BT-Drucks 16/10069, S. 24). Dies bedeutet, dass der Gläubiger über einzelne Vollstreckungsmaßnahmen entscheidet und sukzessive nacheinander beauftragen kann, ohne hierdurch Rechtsnachteile zu erleiden (AG Schöneberg, 20.8.2014, 32 M 8069/14 = DGVZ 2014, 241).

Zeitlicher Zusammenhang wünschenswert, aber nicht notwendig

Das AG Schöneberg (a.a.O.) hat auch das vom Gerichtsvollzieher aufgestellte Erfordernis, dass der Antrag auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft stehen muss (so auch Mroß, DGVZ 2012, 169, 177), zurückgewiesen. Diese Ansicht finde im Gesetz keinen Niederschlag. Zwar ergibt sich aus der Begründung des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (BT-Drucks 16/10069, 24), dass gesetzgeberisches Ziel u.a. die Beschleunigung und Effizienzsteigerung des Vollstreckungsverfahrens sein sollte. Dieses sollte, so die Gesetzesbegründung, zeitnah unter Vermeidung jedes überflüssigen Aufwandes bei vollständiger Befriedigung des Gläubigers ausgeführt werden (BT-Drucks 16/10069 S. 24). Indes hat der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen, konkrete Rechtsfolgen bei einem Verstoß gegen vorgenannte programmatische Leitlinien zu formulieren (BT-Drucks a.a.O.). Zu Recht weist das Amtsgericht auch darauf hin, dass es an greifbaren Kriterien fehlt, welcher zeitliche Abstand noch hinzunehmen und welcher zu lang bemessen wäre.

Keine Zweifel an der Selbstauskunft des Schuldners

Soweit der Gerichtsvollzieher fordert, dass Anhaltspunkte bestehen, die auf weitere Vermögenswerte des Schuldners hindeuten bzw. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Selbstauskunft aufkommen lassen, um das notwendige Rechtsschutzbedürfnis nach § 802l ZPO anzunehmen, ist ebenfalls auf den Wortlaut der Norm zu verweisen, der eine solche Einschränkung nicht kennt. Immerhin kann sich der Gerichtsvollzieher hier aber auf Stimmen in der Literatur (Wagner, in: MüKo-ZPO, 4. Aufl., § 820l Rn 15) und der Rechtsprechung (LG Nürnberg-Fürth DGVZ 2013, 243; AG Altötting v. 29.9.2014, 1 M 1192/14 = DGVZ 2014, 268; AG Kenzingen DGVZ 2014, 133, jeweils unter wortwörtlicher und kritikloser Wiederholung der Ausführungen von Wagner) berufen.

Wortlaut widerspricht weitergehenden Anforderungen

Für eine dahin...

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