AG sieht Kosten unter bestimmten Voraussetzungen als erstattungsfähig an …
Das Vorliegen positiver Erfahrungen mit der Tätigkeit des Inkassoaußendienstes führt nach Ansicht des AG Neubrandenburg (3.5.2017 – 602 M 2155/17, DGVZ 2017, 153) für sich allein noch nicht zur Erstattungsfähigkeit der Kosten im Rahmen der anschließenden Zwangsvollstreckung. Als erstattungsfähige Kosten der Zwangsvollstreckung können die Kosten für den Außendienst nach Ansicht des Gerichtes nur dann angesehen werden, wenn die Entscheidung zur Beauftragung des Außendienstes einzelfallbezogen erfolgte und es in dem konkreten Fall nachvollziehbare Anhaltspunkte für einen erfolgversprechenden Einsatz des Außendienstes gab.
… was der GV ganz anders gesehen hat
Der Gerichtsvollzieher war mit der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt. In der beigefügten Forderungsaufstellung waren auch Kosten für den Einsatz eines Außendienstes von 33 EUR enthalten. Der Gerichtsvollzieher strich die Kosten, da diese generell nicht erstattungsfähig seien, wogegen sich die Gläubigerin im Wege der Erinnerung wandte. Im konkreten Fall unterlag die Gläubigerin. Das AG widersprach dem Gerichtsvollzieher in der generellen Ablehnung der Berücksichtigung der Kosten, sah es aber als erforderlich an, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, dass sich der Schuldner gerade durch einen Außendienstbesuch zur Zahlung bewegen lässt. Solche Anhaltspunkte hatte auch das AG Herzberg am Harz (25.4.2017 – 6 M 66/17) in einem vergleichbaren Fall vermisst.
Hinweis
Das kann schwierig zu begründen sein, wenn sich der Schuldner noch nie gemeldet hat. Anders verhält es sich aber, wenn mit ihm schon einmal eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen wurde, die er aber nicht eingehalten hat. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, mit ihm ausgehend von der grundsätzlichen Zahlungsbereitschaft die Gründe der fortgesetzten Nichtzahlung zu besprechen und die optimale Rate zu finden. Gerade hier ist es sinnvoll, auch die konkreten Lebensumstände des Schuldners zu sehen. Auch wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schuldner sich schwer tut, schriftlich oder in deutscher Sprache eine Regulierung der unstreitigen – weil titulierten – Forderung in Aussicht zu stellen, kann der Außendienstbesuch sinnvoll sein. Letztlich kann der Außendienst auch sinnvoll sein, wenn die Vollstreckungsorgane eine Tätigkeit abgelehnt haben, weil der Schuldner unbekannt verzogen ist, der Außendienst den neuen Aufenthalt aber gerade ermitteln kann.
Ist der GV nicht die bessere Alternative?
Zu Recht wird die Frage gestellt, ob denn statt des außergerichtlichen Außendienstes die gütliche Erledigung des Gerichtsvollziehers nach § 802b ZPO nicht die bessere Alternative ist. Leider muss die Frage verneint werden. Denn einerseits gibt § 802b ZPO dem Gerichtsvollzieher nur die Möglichkeit, eine reine Zahlungsvereinbarung zu treffen. Der Gläubiger hat aber ein berechtigtes, darüber hinausgehendes Sicherungsbedürfnis, wenn die Forderung nicht insgesamt ausgeglichen wird. Die aus seiner Sicht gewünschte Abtretung des pfändbaren Arbeitseinkommens oder Kontoguthabens dient dabei auch dem Schuldner, weil die Offenlegung der Abtretung für ihn kostengünstiger ist als die Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Andererseits ist die gütliche Einigung für den Schuldner insgesamt auch teurer. Während der erfolglose Außendienst nach dem Sachverhalt mit 33 EUR berechnet wurde, kommen bei einer 0,3-Vollstreckungsgebühr für den Rechtsdienstleister und einer erfolglos versuchten gütlichen Einigung höhere Kosten zusammen.
Hinweis
Dass die Gerichtsvollzieher die vermeintliche Konkurrenz fürchten, ist nachvollziehbar. Das Kostenrecht ist aber kein geeignetes Instrument, diese Fragen auszutragen. Bisher hat der Gesetzgeber dem Wunsch der Gerichtsvollzieher, als "Vollstreckungsmanager" mehr tun zu können als nur Zahlungsvereinbarungen zu treffen, nicht Rechnung getragen. Gläubiger sind deshalb gezwungen, andere Möglichkeiten einer breiter angelegten gütlichen Einigung zu suchen. Ist das zweckmäßig und erforderlich, sind die Kosten erstattungsfähig.
Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel , Koblenz
FoVo 2/2018, S. 21 - 25