Ausgangspunkt: Kündigungsrecht nur bei Pfändbarkeit
Das LG geht zutreffend davon aus, dass dem Kläger ein Kündigungsrecht nur zusteht, soweit der Rentenversicherungsvertrag dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Gemäß § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Die streitgegenständliche Rentenversicherung ist eine Lebensversicherung im Sinne der §§ 150 bis 171 VVG. In eine solche private Lebensversicherung kann vollstreckt werden, es sei denn, sie unterfällt Pfändungsschutzvorschriften (BGH ZIP 2012, 34).
Unpfändbarkeit aus verschiedenen Blickwinkeln
Zu Unrecht meint das LG, dass die von der Schuldnerin abgeschlossene Rentenversicherung nur unter den Voraussetzungen des § 851c ZPO unpfändbar sei. Vielmehr kommt auch eine Unpfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 97 EStG in Betracht. Der Pfändung unterworfen sind gemäß § 851 Abs. 1 ZPO Forderungen in Ermangelung besonderer Vorschriften nur insoweit, als sie übertragbar sind. Soweit danach eine Forderung nicht der Pfändung unterworfen ist, ist sie grundsätzlich auch kein Bestandteil der Insolvenzmasse (vgl. BGH ZIP 2001, 1248; BGH WM 2013, 572; BGH WM 2014, 1141 Rn 14). Dies gilt auch für die Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Rentenversicherungsvertrag.
Umfang der mangelnden Übertragbarkeit beschränkt
Gemäß § 97 S. 1 EStG sind das nach § 10a EStG oder Abschnitt XI des EStG geförderte Altersvorsorgevermögen einschließlich seiner Erträge, die geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge und der Anspruch auf die Zulage nicht übertragbar. Welche Leistungen als geförderte Altersvorsorgebeiträge anzusehen sind, ergibt sich aus § 82 EStG. Im Streitfall entscheidend ist gemäß § 82 Abs. 1 S. 1 EStG, dass der Zulageberechtigte entsprechende Beiträge oder Tilgungsleistungen zugunsten eines auf seinen Namen lautenden Vertrags erbringt, der nach § 5 AltZertG zertifiziert ist.
Diese Voraussetzungen sind nach dem bisherigen Sach- und Streitstand erfüllt. Der von der Schuldnerin mit der Beklagten abgeschlossene Rentenversicherungsvertrag ist gemäß § 5 AltZertG zertifiziert. Die Schuldnerin hat in den Jahren 2010 und 2011 Altersvorsorgebeiträge an die Beklagte gezahlt. Das LG hat unterstellt, dass die Schuldnerin einen Zulagenantrag gestellt hat und entsprechende Zulagen gezahlt worden sind. Der vom LG zugesprochene Rückkaufswert ergibt sich aus den gezahlten Altersvorsorgebeiträgen und den Erträgen.
Anforderungen des § 851c ZPO sind unerheblich
Entgegen der Auffassung des LG kommt es nicht darauf an, ob der Rentenversicherungsvertrag zusätzlich die Anforderungen des § 851c ZPO erfüllt.
Es entspricht einhelliger Auffassung, dass das im Rahmen eines Altersvorsorgevertrags im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 1 AltZertG gebildete Altersvorsorgevermögen aufgrund der steuerlichen Förderung einschließlich der Erträge, der laufenden Beiträge sowie der staatlichen Zulage gemäß § 851 ZPO unpfändbar ist. Dies ergibt sich aus § 97 Satz 1 EStG, wonach diese Ansprüche nicht übertragbar sind. Soweit dies der Fall ist, gehört ein Anspruch aus einem Versicherungsvertrag nicht zur Insolvenzmasse (§ 36 Abs. 1 InsO i.V.m. § 851 Abs. 1 ZPO).
Vereinzelte Mindermeinung überzeugt BGH nicht
Die – soweit ersichtlich – allein von Elster, ZVI 2013, 369 ff. vertretene Gegenauffassung, der sich das LG angeschlossen hat, trifft nicht zu. Weder Text noch Entstehungsgeschichte noch Sinn und Zweck des § 851c ZPO geben Anhaltspunkte dafür, dass die für das in einem bestehenden Altersvorsorgevertrag angesparte Kapital sich aus § 851 ZPO in Verbindung mit § 97 S. 1 EStG ergebende Unpfändbarkeit seit Inkrafttreten des § 851c ZPO zusätzlich davon abhängt, ob auch dessen Voraussetzungen gegeben sind.
Gesetzgeber wollte Kapitalstamm schützen
Die Bestimmung des § 97 Satz 1 EStG diente stets dazu, sowohl das im Rahmen der steuerlichen Förderung angesparte Kapital als auch die steuerlich geförderten laufenden Beiträge und die Zulage vor einer Pfändung zu schützen. Abtretung, Verpfändung und Aufrechnung sollten gleichermaßen ausgeschlossen sein (BT-Drucks 14/5150, S. 47).
Dem liegt die gesetzgeberische Wertentscheidung zugrunde, dass ein aus geförderten Altersvorsorgebeiträgen (und den entsprechenden Zulagen) stammendes Kapital nicht pfändbar sein soll, weil andernfalls die staatliche Förderung dieser Art ihr Ziel der Sicherung der Altersversorgung verfehlt. In welcher Form dieses Kapital pfändungssicher angespart werden kann, ergibt sich aus § 82 EStG. Nach der Legaldefinition des § 82 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Altersvorsorgeverträge solche, die nach § 5 AltZertG zertifiziert sind. Damit hat der Gesetzgeber die Unpfändbarkeit eines angesparten Altersvorsorgekapitals in typisierender Weise davon abhängig gemacht, dass die Altersvorsorgeverträge bestimmte Anforderunge...