Das Ziel: die umfassende Vermögensauskunft

Nach § 807 ZPO ist der Schuldner verpflichtet, ein Verzeichnis über sein gesamtes Vermögen vorzulegen. Leider beschreibt das nur die Theorie. In der Praxis sind schon die zu diesem Zweck eingesetzten unverbindlichen und nicht vollständigen Vordrucke der Vermögensverzeichnisse (zur nicht abschließenden Aufzählung zulässiger Fragen: Spring, NJW 1994, 1108) häufig unvollständig und in vielen Fällen auch in sich widersprüchlich. Um dem Gläubiger Möglichkeiten des Zugriffs auf die Vermögenswerte des Schuldners zu schaffen, muss die Auskunft so beschaffen sein, dass der Gläubiger alle Informationen erhält, die notwendig sind, um unmittelbare Vollstreckungsanträge zu stellen. Auch hieran fehlt es regelmäßig, weil Drittschuldner nur unzureichend bezeichnet werden.

Der Verantwortliche: die Pflichten des GV nach der GVGA

Nach § 185d Nr. 2 der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA) hat der Gerichtsvollzieher das Vermögensverzeichnis mit dem Schuldner erschöpfend durchzusprechen und fehlende oder unzureichende Angaben ergänzen oder verbessern zu lassen. Dabei hat er den Schuldner auf besondere Fehlerquellen beim Ausfüllen des Vermögensverzeichnisses hinzuweisen. Letztlich hat der Gerichtsvollzieher auch auf die Vollständigkeit und die Beantwortung der von dem Gläubiger zuvor schriftlich gestellten Fragen zu dringen.

Nur ein Zwischenschritt: der Vordruck des Vermögensverzeichnisses

In Literatur und Rechtsprechung besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die amtlichen Vordrucke nicht geeignet sind, die vollständige Wiedergabe des Vermögens sicherzustellen (LG Verden JurBüro 2010, 552; LG Aurich JurBüro 2010, 108 f.; LG Münster FoVo 2010, 38 f.; LG Essen JurBüro 2008, 666 f.; LG Mönchengladbach JurBüro 2008, 552; LG Deggendorf InVo 2003, 296 = JurBüro 2003, 159; Behr, Rpfleger 1988, 1; ders., JurBüro 1996, 289; >ders., JurBüro 1996, 401 und 457 mit einer Rechtsprechungsübersicht bis 1995; David, MDR 2000, 195; LG Münster DGVZ 2000, 90; LG Cottbus JurBüro 2000, 326, 327; LG Bonn JurBüro 2000, 101; LG Darmstadt JurBüro 2000, 101; LG Passau JurBüro 1996, 329; a.A. soweit ersichtlich nur das LG Augsburg DGVZ 1993, 136 = Rpfleger 1993, 454 = JurBüro 1993, 751. Stöber, Rpfleger 1994, 321, 322 hält den amtlichen Vordruck allerdings für bestimmte Fälle sogar für zu überladen). Mit der Rechtsprechung kann also dem Einwand einiger GV entgegengetreten werden, die den Vordruck als abschließend ansehen.

Hier sind Sie gefordert: das Fragerecht des Gläubigers

Auch die GVGA erkennen dies an, wenn in § 185d Nr. 2 GVGA von weiteren Fragen des Gläubigers gesprochen wird, auf deren Beantwortung der GV drängen soll. Da die Fallzahlen der GV diesen kaum eine individuelle Ergänzung des Vermögensverzeichnisses erlauben, liegt es an dem Gläubiger, durch gezielte Fragen über den amtlichen Vordruck hinausgehende oder diesen ergänzende Fragen zu stellen. Ergänzende Fragen des Gläubigers sind immer dann zuzulassen, wenn sie nicht offensichtlich auf Ausforschung der allgemeinen Lebensverhältnisse angelegt sind (LG Verden JurBüro 2009, 441; AG Naumburg JurBüro 2009, 157; LG Mönchengladbach JurBüro 2008, 552). Es ist also nicht der Gläubiger, der nachweisen muss, dass eine Frage keine vollstreckungsrechtliche Relevanz hat, sondern das Vollstreckungsorgan muss dies bei der Zurückweisung der Frage belegen können. Dem Nachweis ist allerdings die Grundlage entzogen, wenn der Gläubiger dem GV mitteilt, auf welche zulässige Vollstreckungsmaßnahme seine ergänzende Frage zielt.

 

Hinweis

Eine solche Aufstellung potenziell denkbarer und über den Vordruck hinausgehender Ergänzungsfragen findet sich bei Goebel, AnwaltFormulare Zwangsvollstreckung, 4. Aufl. 2011, § 2 Rn 232 ff.

Die drei Optionen des Gläubigers

Für den Gläubiger, der aufgrund der ihm vorliegenden Informationen über den Schuldner sowie dessen persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse und in Kenntnis der Fragen des Vordrucks zum Vermögensverzeichnis absieht, dass er nicht mit einem vollständigen und richtigen Vermögensverzeichnis rechnen kann, bieten sich dem Grunde nach drei Wege an, hier erfolgreich vorzugehen:

Er kann dem Gerichtsvollzieher schon mit dem Antrag auf Terminsbestimmung weitere schriftliche Fragen zur Übersendung an den Schuldner mit dem amtlichen Vordruck vorlegen (LG Hamburg JurBüro 1996, 325; LG Freiburg DGVZ 1994, 118).
 

Beispiel

So enthält das Vermögensverzeichnis zwar die Frage nach den unterhaltsberechtigten Kindern des Schuldners, nicht aber nach deren Einkommen. Ist der Schuldner erwerbstätig, kommt es hierauf aber nach § 850c Abs. 4 ZPO an, da Kinder mit eigenem Einkommen bei der Bemessung des pfändbaren Betrages ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben. Der Gläubiger kann also nach dem Einkommen der Kinder fragen, soweit der Schuldner erwerbstätig ist und die Kinder in einem Alter sind, in dem eine Erwerbstätigkeit nicht ausgeschlossen ist.

Der Gläubiger kann persönlich oder durch einen Bevollmächtigten beim Termin zur Vorlage ...

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