Leitsatz
Im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO ist der Einwand des Schuldners grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle habe die der Vollstreckung zugrunde liegende Klausel nach §§ 724, 725 ZPO zu Unrecht ohne die gem. § 726 Abs. 1 ZPO erforderlichen Nachweise erteilt.
BGH, 22.9.2011 – I ZB 61/10
1 Der Praxistipp
Zwei offene Fragen auf einen Streich beantwortet
Der BGH hat mit seiner Entscheidung zwei für die Praxis wichtige Fragen entschieden. Zum einen die Frage, ob jede zur Abgabe der e.V. geladene Person ein Widerspruchsrecht hat, und zum zweiten, wer für die WEG die e.V. abgeben muss.
Wer e.V. abgeben soll, hat Widerspruchsrecht
Der Widerspruch einer Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist nach Auffassung des BGH statthaft (§ 900 Abs. 4 ZPO). Zwar sei der Verwalter weder Gläubiger noch Schuldner. Zum Widerspruch im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sei jedoch auch ein Dritter berechtigt, wenn er geltend machen kann, durch die Verpflichtung zur Abgabe der Versicherung in eigenen Rechten betroffen zu sein. Für die Erinnerung nach § 766 Abs. 1 ZPO entspricht dies allgemeiner Meinung (vgl. etwa RGZ 34, 377, 380; OLG Düsseldorf NJW 1978, 2205; NJW 1980, 458; OLG Köln DGVZ 1992, 170; Stöber, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 766 Rn 9). Mit der Erinnerung kann aber die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht bestritten werden, weil § 766 ZPO durch die Spezialregelung des Widerspruchs in § 900 Abs. 4 ZPO verdrängt wird.
Hinweis
Diese Rechtslage ändert sich mit dem 1.1.2013 und der dann in Kraft tretenden Reform der Sachaufklärung. § 802f ZPO n.F., der dann das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft regelt, sieht ein Widerspruchsrecht nicht mehr vor. Vielmehr sind alle Einwände gegen die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in dem dann Vermögensauskunft statt Offenbarungsverfahren heißenden Verfahren nur noch mit der Erinnerung geltend zu machen.
BGH: Verwalter darf und muss Vermögensverzeichnis vorlegen
Nach § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG ist der Verwalter u.a. berechtigt, im Namen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und mit Wirkung für und gegen sie Maßnahmen zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind, insbesondere einen gegen die Gemeinschaft gerichteten Rechtsstreit gemäß § 43 Nr. 5 WEG im Vollstreckungsverfahren zu führen. § 43 Nr. 5 WEG bezieht sich unter anderem auf Klagen Dritter, die sich gegen die WEG richten und sich auf das gemeinschaftliche Eigentum oder seine Verwaltung beziehen. Kommt es aufgrund einer derartigen Klage eines Dritten zu einem Vollstreckungsverfahren gegen die Gemeinschaft, so ist der Verwalter schon nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG berechtigt, die Gemeinschaft dabei zu vertreten. Teil des Vollstreckungsverfahrens ist auch die eidesstattliche Versicherung gemäß §§ 899 ff. ZPO. Der Verwalter ist nach Ansicht des BGH zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Die Wahrnehmung der Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft in einem gegen diese gerichteten Vollstreckungsverfahren gehört zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Verwalters, der insbesondere für die Bezahlung der an die Gemeinschaft gerichteten Rechnungen zu sorgen hat. Das umfasst auch die Erfüllung gesetzlicher Pflichten, die damit im Zusammenhang stehen.
Hinweis
Die Entscheidung hat für den Gläubiger besondere Vorteile, weil der Verwalter über die wirtschaftlichen Verhältnisse einer WEG meist hervorragend informiert ist, was bei einzelnen Wohnungseigentümern meist nicht der Fall ist. Auch verfügt er über die einschlägigen Unterlagen.