Voraussetzungen zur Fortsetzung des Offenbarungsverfahrens

Der G kann das Offenbarungsverfahren unter den Voraussetzungen des § 807 Abs. 1 ZPO betreiben. Ohne vorausgegangene Sachpfändung ist das möglich, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass er durch die Pfändung seine Befriedigung nicht vollständig erlangen kann, § 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.

 

Checkliste: Ihre Nachweismöglichkeiten bei § 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO

Für diesen Nachweis, der nach § 294 ZPO zu führen ist, kommen unterschiedliche Möglichkeiten in Betracht:

Der Gläubiger kann eine Unpfändbarkeitsbescheinigung nach § 63 GVGA vorlegen, wenn er selbst oder ein anderer Gläubiger in den letzten sechs Monaten bei dem Schuldner eine erfolglose Pfändung versucht hat. Nichts anderes kann gelten, wenn die erfolglose Pfändung durch ein entsprechendes Pfändungsprotokoll des Gerichtsvollziehers nachgewiesen wird.

Hinweis

Im Fall des Lesers ist der Beantragung des Offenbarungsverfahrens ein entsprechender Sachpfändungsversuch vorausgegangen. Dieser ist ausreichend, um auch in den anderen Verfahren unmittelbar die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu betreiben. Offenbar ist dies ein Umstand, der den SU zwingt, tätig zu werden und die Forderungen auszugleichen, um die Abgabe zu vermeiden.

Eine nicht gelöschte Haftanordnung aus jüngerer Zeit reicht aus, um die voraussichtliche Erfolglosigkeit einer Pfändung i.S.d. § 807 Abs. 1 Nr. 2 ZPO glaubhaft zu machen (LG Aachen JurBüro 1990, 261; LG Mühlhausen DGVZ 2010, 131 = FoVo 2010, 80).

Hinweis

Nicht ausreichen soll dagegen ein für einen anderen Gläubiger ergangener Haftbefehl, der auf § 807 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (Verweigerung der Durchsuchung) oder § 807 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (wiederholtes Nichtantreffen des Schuldners in seiner Wohnung) beruht (LG Marburg DGVZ 2011, 146).

Auch der Hinweis auf gelöschte Haftbefehle in den letzten sechs Monaten reicht aus, um die Glaubhaftmachung der mangelnden Befriedigungsaussicht als geführt anzusehen, es sei denn, die Forderung des Gläubigers ist nur sehr geringfügig (LG Heilbronn MDR 1993, 800). Eine Forderung von 600 EUR wird aber nicht mehr als geringfügig anzusehen sein.
Auch eine sehr hohe Titelforderung kann die Vermutung begründen, dass zwar ggf. eine Teilbefriedigung, nicht aber ein vollständiger Forderungsausgleich durch eine Sachpfändung erreicht werden kann (AG Gotha JurBüro 2005, 327; AG Heilbronn JurBüro 1996, 211; Zöller-Stöber, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 807 Rn 18).
Ausreichend ist es auch, wenn der Schuldner Sozialhilfe (LG Kassel JurBüro 1993, 86; Musielak/Becker, ZPO, 8. Aufl. 2011, § 807 Rn 4) oder Wohngeld bezieht (Behr, Rpfleger 1988, 1, 5).

Hier ändert sich etwas: Reform der Sachaufklärung

Ab dem 1.1.2013 muss der Gläubiger keine Rücksicht mehr auf die Voraussetzungen des § 807 Abs. 1 ZPO zur Einleitung des Offenbarungsverfahrens, das dann Vermögensauskunft heißt, nehmen. Nach den neuen Regelbefugnissen nach §§ 802a, 802c ZPO kann der G die Vermögensauskunft sowohl zum Beginn der Zwangsvollstreckung als auch zu jedem beliebigen späteren Zeitpunkt verlangen. Ein Mobiliarzwangsvollstreckungsversuch ist dann nicht mehr Voraussetzung für die Vorlage des Vermögensverzeichnisses und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Vollständigkeit und Richtigkeit des Verzeichnisses.

 

Rückblick

Vgl. auch: Die fruchtlose Vollstreckung als Voraussetzung der Offenbarungspflicht, FoVo 2011, 21.

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