Der Gerichtsvollzieher wird grundsätzlich nur dann tätig, wenn der Gläubiger ihn mit einer Handlung beauftragt hat. Einzig die gütliche Einigung ist stets Teil seines Auftrages, soweit sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Der Gerichtsvollzieher wird nach § 754 Abs. 1 ZPO durch den Antrag und die Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ermächtigt, Leistungen des Schuldners entgegenzunehmen und diese zu quittieren sowie mit Wirkung für den Gläubiger Zahlungsvereinbarungen nach Maßgabe des § 802b ZPO zu treffen.
Gerichtsvollzieher darf mehr als bisher
Die in § 802a Abs. 2 ZPO niedergelegten Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers gehen über seine bisherigen Kompetenzen hinaus. So wird die gütliche Einigung als gesonderte Regelbefugnis ausgestaltet, so dass der Gerichtsvollzieher auch isoliert nur mit dieser Aufgabe beauftragt werden kann. Neu ist neben der bereits vorgestellten Aufenthaltsermittlung nach § 755 ZPO die Einholung von Auskünften Dritter über das Vermögen des Schuldners nach § 802l ZPO.
Im Wortlaut: § 802a Abs. 2 ZPO
Grundsätze der Vollstreckung; Regelbefugnisse des Gerichtsvollziehers
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(2) 1Aufgrund eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ist der Gerichtsvollzieher unbeschadet weiterer Zuständigkeiten befugt,
- eine gütliche Erledigung der Sache (§ 802b) zu versuchen,
- eine Vermögensauskunft des Schuldners (§ 802c) einzuholen,
- Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners (§ 802l) einzuholen,
- die Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen zu betreiben,
- eine Vorpfändung (§ 845) durchzuführen; hierfür bedarf es nicht der vorherigen Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Zustellung des Schuldtitels.
2Die Maßnahmen sind in dem Vollstreckungsauftrag zu bezeichnen, die Maßnahme nach Satz 1 Nr. 1 jedoch nur dann, wenn sich der Auftrag hierauf beschränkt.
Gläubiger muss sagen, was er will
Grundsätzlich ist in dem Vollstreckungsantrag die konkrete Maßnahme zu bezeichnen, die der Gerichtsvollzieher ausführen soll, wobei eine Kombination einzelner oder aller Regelbefugnisse möglich ist. Wie ausgeführt ist nur die gütliche Einigung immer inbegriffen. Dem Antrag ist die vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungstitels sowie zumindest eine Forderungsaufstellung und ggf. Kostenbelege, weitere Urkunden, eine Handlungs- und Geldempfangsvollmacht beizufügen.
Hinweis
Eine Ausnahme bildet die Vorpfändung, bei der es keiner Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung bedarf. Es genügt allein die Existenz einer Abschrift des Titels ohne Vollstreckungsklausel. Auch muss die Zustellung einer beglaubigten Abschrift der vollstreckbaren Ausfertigung noch nicht erfolgt sein. Diese Regelung war bisher unmittelbar in § 845 ZPO enthalten und wurde in § 802a ZPO aufgenommen.
Neuregelung: gütliche Erledigung und Vermögensauskunft
Bezogen auf die Regelbefugnisse ist hervorzuheben, dass die bisherigen Bestimmungen über die gütliche Einigung in §§ 806b, 813a und b und 900 Abs. 3 ZPO gestrichen wurden und in § 802b ZPO aufgegangen sind, der aber darüber hinaus eine gütliche Erledigung in jeder Lage des Verfahrens erlaubt, d.h. zum einen vor der Vollstreckung und zum anderen auch völlig losgelöst von einer Vollstreckungsmaßnahme. Sicherlich am bedeutsamsten ist die Möglichkeit, dass die Vermögensauskunft (bisher Offenbarungsverfahren) nicht mehr am Ende einer fruchtlosen Zwangsvollstreckung steht, sondern jetzt auch an deren Beginn stehen kann, d.h. der Antrag auf Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung losgelöst von den bisherigen Voraussetzungen des § 807 ZPO möglich ist.
Keine Reihenfolge der Regelbefugnisse
Die in § 802a Abs. 2 ZPO aufgezählten Regelbefugnisse geben keine zwingende Reihenfolge wieder. Vielmehr kann der Gläubiger jede Maßnahme isoliert oder kombiniert mit jeder weiteren Maßnahme beauftragen. Auch kann der Gläubiger seinen Auftrag auf einzelne Maßnahmen beschränken. Die §§ 62 Abs. 3, 104 GVGA geben dabei die Möglichkeit, die erteilten Aufträge mit weiteren Weisungen zu versehen. Solche Weisungen sind vom Gerichtsvollzieher zu beachten, soweit sie nicht dem Gesetz oder den Gerichtsvollzieheranweisungen widersprechen.
Beispiele für Antragstellungen
Der Gläubiger hat so etwa die Möglichkeit,
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einen isolierten Auftrag für eine gütliche Erledigung der Angelegenheit nach § 802b ZPO zu erteilen, weil er die Kundenbeziehung in einem Dauerschuldverhältnis durch eine Vollstreckungsmaßnahme nicht weiter belasten möchte; |
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einer gütlichen Einigung unmittelbar die Abgabe der Vermögensauskunft folgen zu lassen, weil ihm diese Kombination einerseits als ein hinreichendes Druckmittel erscheint, um den Schuldner wegen der drohenden Nachteile der Vermögensauskunft (Schuldnerverzeichnis, Schufa, Bonität) zu einer gütlichen Einigung zu motivieren, sie andererseits im fruchtlosen Fall zumindest Informationen über zugriffsfähiges Einkommen oder Vermögen verschafft, im schlechtesten Fall belegt, dass einige Zeit zugewartet werd... |