I. Das Problem
Geschwärzte Auskünfte
Unser Leser beantragt regelmäßig Vermögensauskünfte Dritter nach § 802l ZPO. Dabei muss er immer wieder feststellen, dass die Auskünfte des Bundeszentralamtes für Steuern in Teilen geschwärzt sind. Das wirft für ihn die Frage auf, ob und inwieweit Gerichtsvollzieher die erteilten Auskünfte vor der Weitergabe an den Gläubiger in Teilen unkenntlich machen dürfen.
II. Die Lösung
Kommt der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nach oder ist bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten, so darf der Gerichtsvollzieher bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben, das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 AO bezeichneten Daten abzurufen (§ 93 Abs. 8 AO) oder beim Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeug- und Halterdaten nach § 33 Abs. 1 StVG zu einem Fahrzeug, als dessen Halter der Schuldner eingetragen ist, erheben. Der Antrag kann alternativ oder kumulativ eines oder mehrere Auskunftsersuchen umfassen.
Kleinforderungen bleiben ohne Auskunft
Die Erhebung oder das Ersuchen ist nur zulässig, soweit die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 EUR betragen, wobei Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen sind.
Hinweis
Entsprechend einer Gesetzesinitiative des BMJ (Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer Vorschriften – EuKoPfVODG) sind allerdings sehr wohl die betragsmäßig in einem Vollstreckungsbescheid schon aufgeführten Kosten und Zinsen zu berücksichtigen.
Einschränkungen der Auskunft
Die Erhebung oder das Ersuchen ist nach § 802l Abs. 1 S. 2 weiter nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist. Daten, die für die Zwecke der Vollstreckung nicht erforderlich sind, hat der Gerichtsvollzieher nach § 802l Abs. 2 ZPO unverzüglich zu löschen oder zu sperren. Der Gerichtsvollzieher informiert den Gläubiger nach § 802l Abs. 3 ZPO, soweit die Auskünfte für die Vollstreckung erforderlich sind.
Die Rechtsfolgen: Angabe gelöschter Konten
Damit sind dem Grundsatz nach Auskünfte über gelöschte Konten nach Ansicht der Kommentarliteratur (Musielak-Voit, ZPO, 11. Aufl., § 802l Rn 10; Wagner, in: MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2012, § 802l Rn 1; Vorwerk/Wolf, Beck’scher Onlinekommentar ZPO, Stand 1.1.2015, § 802l Rn 11; Saenger, ZPO, 6. Aufl. 2015) und ersten Entscheidungen in der Rechtsprechung (AG Hamburg DGVZ 2014, 20) nicht weiterzugeben. Dem kann allerdings nicht uneingeschränkt zugestimmt werden. Die Auffassung verkennt nämlich, dass die Vermögensauskunft Dritter auch der Kontrolle der Richtigkeit und Vollständigkeit einer Vermögensauskunft des Schuldners nach §§ 802c, d ZPO dient (so zutreffend Wagner, in: MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2012, § 802l Rn 1). Deshalb sind gelöschte Konten jedenfalls insoweit anzugeben, wie die Löschung nach dem Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft erfolgt ist. Insoweit beschränkte das AG Bad Saulgau (15.4.2013, 1 M 254/13) die Löschung auf die Konten, die bereits vor der Abnahme der Vermögensauskunft gelöscht waren.
Hinweis
Nur unter Mitteilung der nach der Abnahme der Vermögensauskunft gelöschten Konten kann der Gläubiger feststellen, ob der Schuldner ein Konto verschwiegen hat, auf dem sich zur Zeit der Abnahme der Vermögensauskunft pfändbares Guthaben befunden hat, insbesondere weil ein weiteres angegebenes Konto bereits als P-Konto geführt wurde (beachte § 850k Abs. 8 S. 1 ZPO, wonach jeweils nur ein Pfändungsschutzkonto unterhalten werden darf). Auch wenn das auf dem gelöschten Konto ursprünglich vorhandene Guthaben inzwischen dem Vollstreckungszugriff endgültig entzogen ist, ist die Angabe aus Vollstreckungszwecken erforderlich. In Höhe des verschwiegenen Betrages kommt dem Gläubiger nämlich ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 156 StGB wegen der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung zu, der nach § 850f Abs. 2 ZPO privilegiert zu vollstrecken ist.
Aus den vorstehenden Gründen kommt deshalb eine Löschung oder Schwärzung von gelöschten Kontodaten nur in Betracht, wenn ein Anspruch der vorbezeichneten Art ausgeschlossen ist.
Die Rechtsfolgen: Angabe Konten Dritter mit Verfügungsbefugnis des SU
Konten Dritter, über welche der Schuldner verfügungsbefugt ist, sind anzugeben (LG Ravensburg DGVZ 2013, 214; AG Soest, 3.10.2014, 9 M 1129/14; AG Bayreuth, 4.7.2013, 7 M 289/13, DGVZ 2013, 194; LG Ravensburg DGVZ 2013, 214 entgegen der Vorinstanz AG Bad Saulgau, 15.4.2013, 1 M 254/13 und unter Verweis auf Goebel, Die Reform der Sachaufklärung, § 8 Rn 259). Verweigert der Gerichtsvollzieher hier die Auskunft unter Hinweis auf § 802l Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 ZPO, übersieht er, dass ...