Rechtsanwälte sind nicht nur Rechtsdienstleister, sondern können (auch) als Schuldner in Betracht kommen. Neben den Vergütungsansprüchen aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag des Rechtsanwalts mit seinen konkret als Drittschuldner zu benennenden Mandanten können auch die Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse aus Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe gepfändet werden. Hier ist der Zugriff wegen des bekannten Drittschuldners meist leichter.
Ansprüche gegen die Staatkasse
Der Rechtsanwalt kann in Zivil-, Familien- oder Arbeitsgerichtssachen als Bevollmächtigter nach § 121 ZPO, § 78 FamFG bzw. § 11a ArbGG beigeordnet werden. Auch andere Verfahrensordnungen sehen eine solche Beiordnung vor. In diesen Fällen erhält der Rechtsanwalt seine Vergütung nach § 45 RVG aus der Staatskasse. In gleicher Weise wird nach § 44 RVG ein Anspruch gegen die Staatskasse begründet, wenn der Rechtsanwalt in Beratungshilfeangelegenheiten tätig wird.
Der Umfang der möglichen Pfändung
Unstreitig sind solche Vergütungsansprüche des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse aus Verfahren pfändbar, in denen der Rechtsanwalt bereits beigeordnet ist. Ist eine solche Beiordnung noch nicht erfolgt, ist die Pfändbarkeit der künftigen PKH-Ansprüche umstritten:
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Teilweise wird eine Pfändung nicht für möglich gehalten (Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn 74 m.w.N.; Hartmann, Kostengesetze, § 45 RVG Rn 14; Musielak-Voit, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 829 Rn 6 unter Bezugnahme auf OLG Köln JW 1935, 1725). Dies wird damit begründet, dass vor der Bestellung zwischen dem Rechtsanwalt und der Staatskasse noch keine Grundlage für die Möglichkeit des Entstehens einer künftigen Forderung gegeben sei. |
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Nach anderer Ansicht geht dies zu weit (Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., § 45 Rn 119; Zimmermann, Rpfleger 1998, 119). Insoweit wird auf die Rechtsprechung des BGH zur Pfändung künftiger Forderungen verwiesen. Ausreichend ist danach, dass der Anspruch spätestens bei seiner Entstehung nach Gegenstand und Umfang bestimmbar ist. |
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Nach der hier vertretenen Auffassung genügt es, dass hinreichend wahrscheinlich ist, dass künftig ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse entsteht. Das ist bei einem Rechtsanwalt jedenfalls in dem Gerichtsbezirk wahrscheinlich, in dem er seinen Sitz hat und zugelassen ist. Hier tritt er im Regelfall in einer so hohen Zahl von Verfahren als Bevollmächtigter auf, dass seine Beiordnung in einem entsprechenden Anteil der Verfahren statistisch gesehen naheliegt. Das schließt nicht aus, im konkreten Einzelfall zu einem anderen Ergebnis zu kommen, wenn der Schuldner nachweisbar in anderer Weise tätig ist. |
Keine Bezeichnung konkreter Verfahren
Schon aus Gründen des Datenschutzes und letztlich auch in Beachtung des besonderen Verhältnisses zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandanten erscheint eine konkrete Benennung einzelner Verfahren weder erforderlich noch angezeigt. Drittschuldner ist der Fiskus, nicht der konkrete Mandant. Ältere Entscheidungen (etwa AG Berlin-Schöneberg JR 1951, 535) berücksichtigen diesen Belang nicht ausreichend. So wird in der Literatur die Nennung einer konkreten Sache auch nur als "ratsam", nicht aber als notwendig angesehen (Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl., Rn 75). Das LG Nürnberg-Fürth (Rpfleger 1998, 118) hält zu Recht allein die Angabe des beiordnenden und/oder anweisenden Gerichtes für notwendig. Die Forderungen sind nach seiner Ansicht durch die Angabe des Forderungsgrundes und die zeitliche Begrenzung hinreichend bestimmt.
Unser Muster zu S. 6 des verbindlichen Formulars nach der ZVFV
Den richtigen Drittschuldner wählen
Wer die Landeskasse vertritt, ist landesrechtlich geregelt und muss danach von Bundesland zu Bundesland konkret geklärt werden.
Checkliste: Die zuständigen Drittschuldner nach dem Landesrecht
Baden-Württemberg |
Landesjustizkasse (" … die Behörde, die die Bewirkung der geschuldeten Leistung, insbesondere die Auszahlung eines geschuldeten Geldbetrages anzuordnen hat".) |
Bayern |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Berlin |
Generalstaatsanwalt |
Brandenburg |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Bremen |
Senator für Justiz |
Hamburg |
Justizbehörde der Freien Hansestadt Hamburg |
Hessen |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Mecklenburg-Vorpommern |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Niedersachsen |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Nordrhein-Westfalen |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Rheinland-Pfalz |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Saarland |
Referent für Haushaltssachen beim Ministerium der Justiz |
Sachsen |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Sachsen-Anhalt |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Schleswig-Holstein |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Thüringen |
Landesjustizkasse (s.o.) |
Unser Muster zu S. 3 des verbindlichen Formulars nach der ZVFV
Die Geltendmachung der Forderung
Soweit der Pfändungspfandgläubiger Kenntnis von der Beiordnung des Rechtsanwaltes in einer konkreten Sache hat, ist er aufgrund des zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses berechtigt, den Festsetzungsantrag nach § 55 RVG zu stellen und gegen die ergangene Entscheidung im Rechtsmittelweg vorzugehen (Stöber, Forderungspfändung, ...