Das LG beschränkt sich zu Recht darauf, die Voraussetzungen des § 775 Nr. 4 ZPO zu prüfen. Ob die titulierte Forderung aufgrund der von dem Schuldner behaupteten Erfüllung tatsächlich erloschen ist, ist nicht von dem Vollstreckungsorgan und damit auch nicht von den im Rechtsmittelzug mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Vollstreckungsorgans befassten Gerichten zu entscheiden.
Hinweis
Dass der BGH für die Vorschrift des § 887 ZPO die Kompetenz des Vollstreckungsorgans, den Erfüllungseinwand des Schuldners zu prüfen, bejaht hat (BGH NJW 2005, 367), beruht auf den Besonderheiten einer solchen Zwangsvollstreckung, für die das Prozessgericht zuständig ist. Dies lässt sich auf die Zwangsvollstreckung des Gläubigers durch das Vollstreckungsgericht im Rahmen einer Zwangsversteigerung nicht übertragen.
§ 775 ZPO gilt auch in der Zwangsversteigerung
Nach § 775 Nr. 4 ZPO ist die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen, wenn eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privaturkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils befriedigt ist oder Stundung bewilligt hat. Das gilt vor dem Versteigerungstermin, für den § 75 ZVG eine parallele, allerdings auf Zahlungen an das Gericht beschränkte Regelung trifft, auch im Zwangsversteigerungsverfahren (BGHZ 172, 37).
Aber seine Voraussetzungen liegen nicht vor
Die Voraussetzungen für eine Einstellung gemäß § 775 Nr. 4 ZPO liegen nach der Auffassung des BGH aber nicht vor.
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Es ist davon auszugehen, dass das erste Schreiben der Gläubigerin eine Privaturkunde darstellt, aus der sich die Befriedigung der Gläubigerin ergibt. |
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Eine Vollstreckung ist jedoch trotz Vorlage urkundlicher Nachweise im Sinne des § 775 Nr. 4 ZPO fortzusetzen, wenn der Gläubiger eine Befriedigung oder Stundung bestreitet. |
Gläubiger kann Fortsetzung der ZV erzwingen
In der Literatur ist anerkannt, dass der Gläubiger in den Fällen des § 775 Nr. 4 und 5 ZPO durch das Bestreiten der Befriedigung oder Stundung die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung erzwingen kann und der Schuldner den Erfüllungseinwand dann im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend machen muss (vgl. MüKo-ZPO/K. Schmidt/Brinkmann, 4. Aufl., § 775 Rn 28; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 775 Rn 41; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 775 Rn 12; Musielak/Voit/Lackmann, 12. Aufl., § 775 Rn 13; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 30. Aufl., § 775 Rn 17; Schuschke/Walker/Raebel, 5. Aufl., § 775 ZPO Rn 13). Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm DGVZ 1980, 153 und MDR 1977, 411; LG Karlsruhe DGVZ 1983, 188; LG Berlin MDR 1976, 149; AG Hannover DGVZ 2010, 42; LG Weiden DGVZ 2010, 235; AG Wuppertal DGVZ 2012, 226; a.A. AG Groß-Gerau MDR 1982, 943, LG Mannheim MDR 1967, 222). Dem folgt auch der BGH.
Faktisches Zustimmungserfordernis zur Einstellung
Der Wortlaut des § 775 Nr. 4 und 5 ZPO steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Der Vorschrift wird nicht das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal hinzugefügt, dass die Einstellung nur mit Zustimmung des Gläubigers geschehen dürfe. Wenn einem Vollstreckungsorgan Urkunden im Sinne der Vorschrift vorgelegt werden, hat es die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine einmal ausgesprochene Einstellung wieder aufzuheben ist, wenn der Gläubiger die durch die Urkunden belegte Befriedigung bestreitet und die Fortsetzung der Vollstreckung begehrt. Entscheidend für eine entsprechende Befugnis des Gläubigers sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift sowie ihre Entstehungsgeschichte.
§ 775 ZPO dient (nur) der Verfahrenserleichterung
Dass in den Fällen des § 775 Nr. 4 oder 5 ZPO die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen ist, dient der Verfahrenserleichterung. Wenn der Schuldner Einwendungen gegen das Fortbestehen des titulierten Anspruchs hat, sind diese grundsätzlich im Wege der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend zu machen. In Ergänzung hierzu ermöglicht es § 775 Nr. 4 und 5 ZPO im Interesse beider Parteien, dass insbesondere der Erfüllungseinwand von dem Schuldner bereits gegenüber dem Vollstreckungsorgan geltend gemacht werden kann und schon in diesem Verfahrensstadium – wenn auch gemäß § 776 S. 2 ZPO nur vorläufig – Berücksichtigung findet. Dieser heute allgemein anerkannte Zweck des § 775 Nr. 4 und 5 ZPO wird belegt durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift.
Nicht zu erreichen, wenn Gläubiger bestreitet
Dieser Zweck kann jedoch nicht mehr eingreifen, wenn der Gläubiger die Befriedigung bestreitet und deshalb eine gerichtliche Klärung des Einwands erforderlich ist. Dann verbleibt es bei dem Grundsatz, dass materielle Einwendungen, wozu insbesondere auch der Erfüllungseinwand gehört, im Rahmen der hierfür vorgesehenen Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen sind.
Ohnehin nur einstweilige Einstellung
Bestätigt wird dieses Auslegungsergebnis durch die Gesetze...