BGH widerspricht allen Instanzen

Die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Das LG hat zu Unrecht angenommen, der Vollstreckungsauftrag der Gläubigerin stehe unter einer unzulässigen Bedingung, wenn sie eine Abschrift des Vermögens verzeichnisses nur für den Fall beantrage, dass der Schuldner in den letzten beiden Jahren keine Vermögensauskunft abgegeben habe.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen

Nach § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO ist ein Schuldner, der die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO innerhalb der letzten zwei Jahre abgegeben hat, zur erneuten Abgabe nur verpflichtet, wenn ein Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen. Ist dies nicht der Fall, bestimmt § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO, dass der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zuleitet. Nach § 802d Abs. 1 S. 2 Hs. 2 ZPO, der gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung vom 21.11.2016 (BGBl I, S. 2591 – EuKoPfVODG) nachträglich in das Gesetz eingefügt worden ist, ist ein Verzicht auf die Zuleitung dabei unbeachtlich. Diese Gesetzesänderung ist gemäß Art. 21 Abs. 3 EuKoPfVODG am Tage nach der Verkündung dieses Gesetzes und damit am 26.11.2016 in Kraft getreten.

BGH hat schon entschieden: Verzicht auf VA ist denkbar

Der Senat hat die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob der Gläubiger auf die Übersendung des früheren Vermögensverzeichnisses gemäß § 802d ZPO verzichten oder den Zwangsvollstreckungsauftrag in der Weise beschränken kann, dass der Gerichtsvollzieher von der Übersendung eines älteren, beispielsweise mehr als sechs oder zwölf Monate alten Vermögensverzeichnisses absehen muss, auf der Grundlage des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO a.F. dahingehend beantwortet, dass der Gläubiger den Vollstreckungsauftrag aufgrund der das Zwangsvollstreckungsrecht beherrschenden Dispositionsmaxime für den Fall einschränken oder zurücknehmen kann, dass der Schuldner innerhalb der Sperrfrist bereits die Vermögensauskunft abgegeben hat (BGH FoVo 2016, 227).

Hier gilt noch dieselbe Rechtslage

Die Bestimmung des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO a.F., nach der ein Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung des Vermögensverzeichnisses mithin beachtlich war, gilt auch noch für den im Streitfall am 7.6.2016 gestellten Vollstreckungsauftrag. Die durch die Neufassung des § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO bewirkte Indienstnahme des einzelnen Gläubigers für die Gesamtheit der Gläubiger eines bestimmten Schuldners bedurfte einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, an der es bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung am 26.11.2016 und damit zum Zeitpunkt des von der Gläubigerin am 7.6.2016 gestellten Antrags gefehlt hat (BGH NJW 2017, 571).

Beschränkung des Vollstreckungsauftrages war danach wirksam

Die Gläubigerin war entgegen der Ansicht des LG nicht gehindert, ihren Vollstreckungsauftrag wie geschehen zu beschränken. Mangels abweichender Vorschriften konnte der von ihr erteilte Vollstreckungsauftrag auch an einen schon bestehenden Umstand anknüpfen, von dem sie keine Kenntnis haben konnte, der für den GV aber ohne weiteres erkennbar war (BGH NJW 2017, 571). Der GV konnte die von den zentralen Vollstreckungsgerichten nach § 802k Abs. 1 ZPO verwalteten Vermögensverzeichnisse gemäß § 802k Abs. 2 S. 1 ZPO zu Vollstreckungszwecken abrufen. Neben eigenen Informationszwecken im Rahmen durchzuführender Vollstreckungshandlungen betrifft diese Regelung auch den Fall, dass der GV einem Gläubiger, der den Antrag auf Vermögensauskunft innerhalb der Sperrfrist des § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO gestellt hat, gemäß § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO einen Abdruck eines bereits vorliegenden Vermögensverzeichnisses zuleiten soll (MüKo-ZPO/Wagner, 5. Aufl., § 802k Rn 8; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl., § 802k Rn 4; HK-ZPO/Rathmann, 7. Aufl., § 802k Rn 5).

Eigenes unkompliziertes Abfragerecht des GV

Ein Vollstreckungszweck lag unter der Geltung des § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO a.F. auch vor, wenn der Gläubiger bei oder nach der Erteilung des Vollstreckungsauftrags einen – nach dem inzwischen geltenden Recht unbeachtlichen – Verzicht auf die Zuleitung eines bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses erklärte. Der GV hatte daher die von der Gläubigerin am 7.6.2016 – anders als nach dem seit 26.11.2016 geltenden Recht (vgl. dazu Fleck, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK-ZPO, § 802k Rn 8) – noch im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens an ihn gerichtete Anfrage, ob der Schuldner innerhalb der Frist des § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO die Vermögensauskunft abgegeben hat, zu beantworten. Diese Pflicht ist auch nicht mit der am 26.11.2016 in Kraft getretenen Änderung des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO erloschen,...

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