BGH entscheidet im Sinne der Gläubiger
Gemäß § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO ist der SU verpflichtet, dem GL die zur Einziehung der gepfändeten Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Die Vorschrift soll dem GL die Einziehung der Forderung beim Drittschuldner erleichtern. Die Auskunfts- und Herausgabepflicht dient seinem Interesse, die zur Durchsetzung der Forderung notwendigen Informationen zu erhalten. Der GL soll in die Lage versetzt werden, die Aussichten einer Drittschuldnerklage zu überprüfen und notfalls eine solche exakt zu beziffern. Unnötige und risikobehaftete Drittschuldnerklagen sollen vermieden werden (BGH NJW 2007, 606).
Der Obersatz für die herauszugebenden Unterlagen
Die Herausgabepflicht des Schuldners betrifft Urkunden, die den Gläubiger als zur Empfangnahme der Leistung berechtigt legitimieren, sowie solche, die den Bestand der Forderung beweisen oder sonst der Ermittlung oder dem Nachweis ihrer Höhe, Fälligkeit oder Einredefreiheit dienen (BGH NJW 2007, 606; BGH NJW-RR 2006, 1576; BGH NJW 2003, 1256). Kontoauszüge sind danach herauszugeben, soweit sie dem Gläubiger die Einziehung der Forderung in dem dargestellten Sinn erleichtern (BGHZ 165, 53), wobei die Herausgabe von Kopien der Kontoauszüge genügt (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn 624; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 836 Rn 14).
Konkret: Voraussetzungen der Pflicht zur Herausgabe von Kontoauszügen
Sind Ansprüche gepfändet, die sowohl auf Auszahlung der positiven Salden gerichtet sind als auch auf Auszahlung des dem Schuldner eingeräumten Kredits oder Darlehens, sind die gesamten Kontoauszüge geeignet, die einredefreie Forderung des Gläubigers gegen das Kreditinstitut zu belegen und insoweit die Durchsetzung der Forderung zu erleichtern. Der Gläubiger hat das im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung vorhandene Kontokorrentguthaben, den so genannten Zustellungssaldo (BGHZ 80, 172), und die künftigen Abschlusssalden zum Ende der jeweiligen Kontokorrentperioden gepfändet (BGHZ 80, 172). Die Pfändung erfasst weiter den Anspruch des Bankkunden auf Auszahlung des nach jeder Kontoverfügung neu entstehenden Saldos (sog. Tages- oder Zwischensaldo, vgl. Bitter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 33 Rn 52) einschließlich des Rechts, über das Guthaben zu verfügen (BGHZ 84, 325; BGHZ 84, 371), sowie die Zahlungsansprüche aus Spar- oder Wertpapierverwaltungsverträgen. Die ausgebrachte Pfändung erfasst auch den Anspruch auf Auszahlung des von der Drittschuldnerin eingeräumten Kredits oder Darlehens in der noch nicht zur Auszahlung gelangten Höhe. Dazu gehören auch Ansprüche aus einem dem Schuldner eingeräumten Dispositionskredit. Diese sind pfändbar, soweit der Schuldner den Kredit durch Abruf eines Geldbetrages, das heißt durch eine Abhebung, Überweisung oder Zustimmung zu Lastschriften, in Anspruch nimmt. Mit dem Abruf entsteht ein Zahlungsanspruch des Schuldners gegen die Bank, der dem Gläubigerzugriff im Wege der Pfändung offensteht (BGHZ 147, 193; BGHZ 157, 350; BGH ZIP 2011, 1324).
Das kann der Gläubiger prüfen
Sowohl Kontoauszüge, die positive Salden ausweisen, als auch solche, die negative Salden dokumentieren, sind daher geeignet, Forderungen gegen die Drittschuldnerin zu belegen und zu beziffern.
Anordnung im PfÜB: Keine Einschränkung der Herausgabe
Die gesamten Kontoauszüge unterliegen daher der Herausgabeanordnung gemäß § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO. Eine Einschränkung der Anordnung, die Kontoauszüge herauszugeben, ist nicht gerechtfertigt. Die Anordnung ist in dem vom GL beantragten Umfang in den PfÜB aufzunehmen.
BGH entscheidet Streitfrage in Rechtsprechung und Literatur
In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings strittig, ob und inwieweit die Anordnung auf Herausgabe der Kontoauszüge zu beschränken ist. Zum Teil wird die Herausgabepflicht ohne Einschränkungen bejaht (LG Stendal Rpfleger 2009, 397, 398; LG Landshut Rpfleger 2009, 39; LG Wuppertal DGVZ 2007, 90; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 836 Rn 13; Musielak/Becker, ZPO, 8. Aufl., § 836 Rn 7; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 836 Rn 14 Fn 43), zum Teil wird sie insgesamt verneint (LG Stuttgart Rpfleger 2008, 211; AG Göppingen DGVZ 1989, 29; AG Singen ZVI 2011, 262 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl., § 836 Rn 8). Vertreten werden auch vermittelnde Ansichten, die eine Herausgabepflicht unter Einschränkungen annehmen (AG Wuppertal DGVZ 2006, 93, 95 – herauszugeben sind nur Auszüge über den positiven Saldo; ebenso Schuschke/Walker/Schuschke, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 836 Rn 12; PG/Ahrens, ZPO, 3. Aufl., § 836 Rn 29; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn 623b; LG Verden Rpfleger 2010, 95, 96 – Herausgabepflicht mit der Möglichkeit zur Schwärzung einzelner Buchungen; ebenso AG Dresden JurBüro 2009, 610; Kohte/Busch, VuR 2006, 66, 67 – Herausgabe des Kontoauszugs, aus dem sich der Quartalssaldo ergibt; LG Konstanz ZVI 2011, 257 – Herausgabeanor...