Leitsatz

Die Einholung einer Vermögensauskunft Dritter nach § 802l ZPO setzt voraus, dass der SU eine Vermögensauskunft nach § 802c ZPO abgegeben hat. Eine e.V. vor dem 1.1.2013 genügt hierzu nicht.

AG Osnabrück, 20.2.2013 – 60 M 49/13

1 I. Der Fall

E.V. aus 2011

Der SU hat am 3.11.2011 die e.V. abgegeben. Die Gl hat den GV unter dem 14.1.2013 ersucht, Drittauskünfte gemäß § 802l Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO einzuholen. Der GV hat dieses mit dem Hinweis abgelehnt, der SU habe keine Vermögensauskunft abgegeben. Gegen diese Ablehnung richtet sich die Erinnerung der Gl vom 15.2.2013 mit dem Ziel, den GV anzuweisen, die Drittauskünfte einzuholen.

2 II. Die Entscheidung

Vermögensauskunft Dritter nur Begleitmittel

Die Einholung der Drittauskünfte ist nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § ZPO § 802l ZPO zulässig. Diese sind schon deshalb nicht gegeben, weil entweder eine Verweigerung der Vermögensauskunft oder eine erteilte Vermögensauskunft mit unergiebigen Vollstreckungsaussichten vorliegen muss. Beides ist nicht der Fall. Die Drittauskünfte sind Begleitmittel zur Überprüfung bzw. Ergänzung der geschuldeten Eigenauskunft.

Keine analoge Anwendung auf Altfälle

Eine frühere e.V. kann der Vermögensauskunft nicht einfach für alle außerhalb der gesetzlich angeordneten Fälle gleichgestellt werden. Drittauskünfte greifen erheblich in die geschützte Rechtssphäre des SU ein. Eine Analogie wäre nur zulässig, wenn eine ungewollte Gesetzeslücke vorliegen und zugleich ein Bedürfnis für die analoge Anwendung bestehen würde. Davon kann nicht ausgegangen werden. Der Gesetzgeber hat die Übergangsproblematik grundsätzlich gesehen und die e.V. nach altem Recht der Vermögensauskunft nur in § 802d ZPO gleichgestellt. Dass er dieses nicht zugleich für § 802l ZPO angeordnet hat, deutet darauf hin, dass dieses nicht gewollt war. Damit hätte man zahllose "alte", bis zu zwei Jahre zurückliegende VV nachträglich durch Drittauskünfte auf den Prüfstand gestellt. Einerseits hätte dagegen die zusätzliche Belastung der Vollstreckungsorgane in einer ohnehin durch die Umstellungsphase angespannten Zeit sprechen können, andererseits aber auch der regelmäßig zwischen Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Einholung der Drittauskünfte verstrichene Zeitraum, der dann eher zu einem "isolierten" Drittauskunftsverfahren geführt hätte. § 802l ZPO zeigt aber, dass Drittauskünfte nur im Zusammenhang mit einer aktuell geschul­deten Vermögensauskunft eingeholt werden sollen. Bei Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach altem Recht ist dem Gl mithin zuzumuten, nur bei einer veränderten aktuellen Vermögenslage Drittauskünfte einholen zu können. Dann greift die Sperrfrist des § 802d ZPO nicht mehr und der SU wäre aktuell zur Vermögensauskunft verpflichtet, so dass der Weg zur Drittauskunft über § 802l ZPO grundsätzlich frei wäre.

3 III. Der Praxistipp

AG entwertet Informa­tionsmöglichkeit

Die Entscheidung des AG schafft für die Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO eine weitere Hürde und entwertet das Instrument als Beitrag für eine erweiterte Informationsermittlung durch den Gl.

AG verkennt Schutz­bedürfnis des SU

Die Entscheidung verkennt das Schutzbedürfnis des SU. Da der SU nach § 802c ZPO grundsätzlich über sein gesamtes Vermögen Auskunft zu geben hat – nicht anders als nach § 807 ZPO a.F. –, ist er nicht schutzwürdig, wenn er dem Gl ein Arbeitsverhältnis, ein Konto oder einen Pkw verschwiegen hat. Nichts anderes gilt, wenn er erst nach der Abgabe des früheren VV ein Arbeitsverhältnis begründet, ein Konto eröffnet oder einen Pkw erworben hätte. In diesem Fall wäre er nach § 802d ZPO ohnehin verpflichtet, vor Ablauf der Zweijahresfrist ein neues VV abzugeben.

AG verkennt Stellung von § 802l ZPO

Das AG verkennt weiter die systematische Stellung von § 802l ZPO. Das Auskunftsrecht ist in § 802a Abs. 2 Nr. 3 ZPO als eine eigenständige Regelungsbefugnis des GV ausgestaltet. Zwar soll das Auskunftsrecht nach § 802l ZPO hinter der Selbstauskunft des SU nach §§ 802c und 802d ZPO zurücktreten. Hierbei muss es sich aber nicht notwendig um eine von dem antragstellenden Gl zuvor eingeholte Vermögensauskunft handeln. Da der Haftbefehl nach altem Recht der Eintragung des SU ins Schuldnerverzeichnis nach § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO gleichsteht und ein altes VV darauf geprüft werden kann, ob es eine vollständige Befriedigung des antragstellenden Gl erlaubt, gibt es keinen Grund, die Einholung der Auskunft auf dieser Grundlage zu verweigern.

AG übersieht die Über­gangsbestimmung

Das AG setzt sich nicht mit § 39 Nr. 5 EGZPO auseinander. Danach steht eine Eintragung im alten Schuldnerverzeichnis einer Eintragung im neuen Schuldnerverzeichnis gleich, wenn eine Norm auf die Eintragung im neuen Verzeichnis abstellt oder diese voraussetzt. Die nach § 802l ZPO zu beachtenden Voraussetzungen des Auskunftsrechtes können – soweit ersichtlich nach einhelliger Meinung – auch durch den Verweis auf das Schuldnerverzeichnis geführt werden. Deshalb ist es gerechtfertigt, in Anwendung dieser Übergangsbestimmung in Altfällen des Offenbarungsverfahrens § 80...

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