BGH entscheidet nicht in der Sache …
Der Antrag des SU war wegen fehlender Zuständigkeit des Insolvenzgerichts unzulässig. Nach § 36 Abs. 4 InsO ist das Insolvenzgericht zuständig für Entscheidungen darüber, ob ein Gegenstand nach den in § 36 Abs. 1 S. 2 InsO in Bezug genommenen Vorschriften der ZPO, darunter auch diejenigen des § 850e ZPO, zur Insolvenzmasse gehört. Allein der Umstand, dass die Anwendung des § 850e Nr. 3 ZPO streitig ist, führt jedoch noch nicht zu einer Zuständigkeit des Insolvenzgerichts. Voraussetzung ist vielmehr, dass die in Bezug genommenen Vorschriften der ZPO eine Maßnahme oder eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts vorsehen, für welche nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Insolvenzgericht zuständig wird (BGH NZI 2010, 584 Rn 2 m.w.N.; BGH NZI 2012, 672).
… weil auch das Insolvenzgericht nicht zuständig war
Die Zusammenrechnung des in Geld zahlbaren Einkommens und der Naturalien obliegt dem Drittschuldner, nicht dem Vollstreckungs- oder dem Insolvenzgericht. Einer gerichtlichen Anordnung bedarf es – anders als im Falle der Zusammenrechnung nach § 850e Nr. 2 ZPO – nicht (Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 850e Rn 12). Damit gibt es keine Grundlage für die vom SU beantragte anderweitige Festsetzung des pfändbaren Betrages.
Es gibt aber auch andere Auffassungen …
In der Kommentarliteratur wird im Anschluss an eine ältere Entscheidung des OLG Hamm (MDR 1963, 227 = JurBüro 1962, 700; ebenso LG Tübingen JurBüro 1995, 325) allerdings vertreten, das Vollstreckungsgericht könne auf Antrag des Gl, des SU oder des Drittschuldners eine "klarstellende" Entscheidung über die Bewertung der Sachleistung treffen, die für das Prozessgericht in einem späteren Einziehungsprozess bindend sei (Musielak/Becker, ZPO, 9. Aufl., § 850e Rn 14; Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 850e Rn 26; Prütting/Gehrlein/Ahrens, ZPO, 4. Aufl., § 850e Rn 36; MüKo-ZPO/Smid, 3. Aufl., § 850e Rn 37; Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 850e Rn 12; ähnlich Bengelsdorf, NZA 1996, 176, 184; gegen eine Bindungswirkung allerdings Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850e Rn 64; wohl auch OLG Hamm JurBüro 1962, 700).
… die einen kostengünstigeren Weg sehen …
Begründet wird diese Ansicht damit, dass es sich bei dem Festsetzungsantrag um einen einfachen, billigen und schnellen Weg zu einer gerichtlichen Klärung von Streitfragen handele, der zudem geeignet sei, einen (weiteren) Rechtsstreit zwischen dem Gl und dem Drittschuldner zu vermeiden.
… dem der BGH nun aber die Grundlage entzieht
Gibt es keine gesetzliche Grundlage für eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts oder hier des Insolvenzgerichts in seiner Eigenschaft als besonderes Vollstreckungsgericht, kann einem "Klarstellungsbeschluss" jedoch schon gegenüber den Verfahrensbeteiligten – hier: gegenüber dem SU und dem Treuhänder – keine bindende Wirkung zukommen. Erst recht gilt dies im Verhältnis zur Drittschuldnerin, welche die streitigen Berechnungen vorgenommen hat, am vorliegenden Antrags- und Beschwerdeverfahren aber nicht beteiligt war. Im Falle eines Obsiegens des SU sähe sie sich dessen Nachforderungen ausgesetzt, ohne rechtliches Gehör erhalten zu haben. Warum in einem solchen Fall die Masse für die Kosten des "Klarstellungsbeschlusses" aufkommen soll, ist ebenfalls nicht verständlich. Verbindlich kann die streitige Berechnung des pfändungsfreien Betrages im Falle des § 850e Nr. 3 ZPO (nur) im Einziehungsprozess geklärt werden, insbesondere im Rahmen einer (Zahlungs- oder Feststellungs-) Klage des SU oder des Treuhänders gegen den Drittschuldner; eine Bindungswirkung im Verhältnis zum nicht an diesem Rechtsstreit beteiligten Treuhänder oder SU kann durch eine Streitverkündung erreicht werden. Führt die im vorliegenden Verfahren beantragte "Klarstellung" nicht zu einer verbindlichen Feststellung des pfändbaren Betrages, kann sie ihren Zweck also nicht erfüllen, fehlt das Rechtsschutzinteresse für den auf ihren Erlass gerichteten Antrag.