Leitsatz
Wird die Kapitalerhöhung durch die Erhöhung des Nennbetrags eines bereits bestehenden Geschäftsanteils ausgeführt, ist ein Viertel des Erhöhungsbetrags auch dann vor der Anmeldung einzuzahlen, wenn zum Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses durch Einzahlungen auf den bestehenden Geschäftsanteil der nach Aufstockung erhöhte Nennbetrag zu einem Viertel gedeckt ist.
BGH, 11.6.2013 – II ZB 25/12
1 I. Der Praxistipp
Kapitalerhöhung verlangt Kapitaleinzahlung
Die GmbH wollte das Stammkapital von 50.000 EUR auf 100.000 EUR erhöhen. Da das ursprüngliche Stammkapital bereits vollständig eingezahlt war, meinten die Gesellschafter, dass eine weitere Einzahlung nicht erforderlich sei. Die Hälfte des neuen Stammkapitals sei damit ja gezahlt. Das hat der BGH aber ganz anders gesehen und eine weitergehende Einzahlung verlangt.
Ausstehende Differenz kann gepfändet werden
Nach den Bestimmungen zu den Kapitalgesellschaften kann es für deren Gründung ausreichen, das Stammkapital nur in Teilen aufzubringen. Im Übrigen verbleibt ein Anspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter auf Einzahlung des noch offenen Stammkapitals. Der oder die Gesellschafter hoffen nicht selten, diesen Anspruch mit künftigen Gewinnen erfüllen zu können. Kommt die Gesellschaft dagegen in Zahlungsschwierigkeiten, kann der Gläubiger der Gesellschafter den Anspruch auf Leistung des restlichen Stammkapitals pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.
Hinweis
Dieser Anspruch ist im zwingend zu verwendenden Formular für die Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht vorgesehen. Es muss deshalb auf S. 4 der Anspruch "G (an Sonstige)" gewählt werden. Er ist dann auf S. 6 näher zu bezeichnen.
Muster: Pfändung des Anspruchs auf die Leistung der Stammeinlage
Es werden die angeblichen Ansprüche des … (Gesellschaft) gegen den … (Gesellschafter)
… – Drittschuldner –,
insbesondere der Anspruch auf die Leistung der Stammeinlage, soweit der Gesellschafter mehrere Stammanteile hat auf Leistung aller Stammeinlagen, sowie der Anspruch auf Rückzahlung nach § 31 Abs. 1 GmbHG gepfändet.
Die Pfändung der Forderung auf Zahlung der Stammeinlage gegen den Drittschuldner ist pfändbar, weil
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der Anspruch des Gläubigers "vollwertig" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 1994, 1478) ist, denn der Anspruch des Gläubigers ist unbestritten und das Vermögen der Gesellschaft reicht aus, alle fälligen Forderungen zu befriedigen. Dies ergibt sich daraus, dass … |
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die Erhaltung der Kapitalgrundlage der Drittschuldnerin zugunsten ihrer sonstigen Gläubiger nicht mehr erforderlich ist. Der Antrag der Schuldnerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde mangels Masse zurückgewiesen. Es ist deshalb nicht mehr damit zu rechnen, dass sie die Einlageforderung geltend macht. Kein Gläubiger ist bereit, einen Kostenvorschuss zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu leisten, was sich daraus ergibt, dass … |
Andere Form der Kapitalerhöhung wäre möglich gewesen
Möglich wäre auch eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gewesen. Diese hätte die nachteiligen Folgen der BGH-Entscheidung vermieden. Auch hätte ein gänzlich neuer Geschäftsanteil gebildet werden können (§ 55 Abs. 3 GmbHG).
FoVo 4/2014, S. 69 - 70