Leitsatz
Eine Vollstreckungsabwehrklage, mit der ausschließlich die Vollstreckung wegen eines Anspruchs aus § 780 BGB bekämpft wird, kann nur vom Vollstreckungsschuldner selbst erhoben werden. Eine gewillkürte Prozessstandschaft findet nicht statt. Das gilt auch im Falle der Abtretung des Anspruchs, der Grundlage der mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemachten Einwendung sein soll, an den gewillkürten Prozessstandschafter.
BGH, 10.12.2013 – XI ZR 508/12
1 I. Der Fall
Vollstreckungsgegenklage aus zweierlei Recht
Der Kläger wendet sich aus eigenem Recht gegen die dingliche und persönliche sowie zugunsten seiner Ehefrau gegen die persönliche Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde.
Der überteuerte Kauf
Der Kläger erwarb Wohnungseigentum zu einem Kaufpreis von 190.000 EUR, das der Verkäufer nach Angabe des Klägers eine Woche zuvor für 95.000 EUR angeschafft hatte. Die beklagte Bank bewertete den Sachwert des Objektes nach Besichtigung mit 187.200 EUR. Darauf schlossen der Kläger und seine Ehefrau mit der Beklagten einen Darlehnsvertrag über die Kaufsumme. Der Voreigentümer bestellte eine Grundschuld in gleicher Höhe und unterwarf sich neben dem Kläger der dinglichen Zwangsvollstreckung; der Kläger und seine Ehefrau unterwarfen sich zugleich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr persönliches Vermögen. Der Darlehensvertrag wurde ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr bedient. Die Beklagte betreibt wegen eines Teilbetrages die Zwangsvollstreckung. Im Wege der Vollstreckungsgegenklage greift der Kläger die Wirksamkeit der Verträge wegen der Verletzung einer Aufklärungspflicht der Beklagten an. Während das LG die Klage abgewiesen hat, gab das OLG ihr statt.
2 II. Die Entscheidung
Keine gewillkürte Prozessstandschaft in der Vollstreckung
Der BGH sieht anders als das OLG prozessuale Probleme. Das OLG hat verkannt, dass die Vollstreckungsabwehrklage insoweit, wie der Kläger die Einstellung der Zwangsvollstreckung zugunsten seiner Ehefrau erstrebt, mangels Prozessführungsbefugnis des Klägers unzulässig ist. Eine Vollstreckungsabwehrklage, mit der wie hier ausschließlich die Vollstreckung wegen eines Anspruchs aus § 780 BGB bekämpft wird, kann nur vom Vollstreckungsschuldner selbst erhoben werden. Eine gewillkürte Prozessstandschaft findet nicht statt. Sie wird auch durch die Abtretung des Anspruchs, der Grundlage der mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemachten Einwendung sein soll, nicht statthaft, weil Streitgegenstand der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO die gänzliche oder teilweise, endgültige oder zeitweilige Vernichtung der Vollstreckbarkeit, nicht dagegen die Aufhebung des Titels oder die Feststellung ist, dass der Anspruch nicht oder nicht mehr besteht.
Umfang der vorvertraglichen Aufklärungspflichten
Soweit das OLG der den Kläger selbst betreffenden Vollstreckungsabwehrklage stattgegeben hat, hat es bei der Prüfung einer dem Kläger aus § 242 BGB zustehenden Einrede die Anforderungen an eine vorvertragliche Aufklärung durch die Beklagte überspannt.
Was man vom Kreditinstitut erwarten darf
Im Ausgangspunkt muss eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen über die Risiken des finanzierten Geschäfts nur unter ganz besonderen Voraussetzungen aufklären, weil sie regelmäßig davon ausgehen darf, dass ihre Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben, und sich nur ausnahmsweise Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben können, wenn etwa die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann.
Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung
Einen solchen Wissensvorsprung hat der BGH aufgrund der Feststellungen des OLG im konkreten Fall aber nicht erkennen können. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann
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von einem besonders groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, das den Schluss auf das – für das Unwerturteil des § 138 Abs. 1 BGB unerlässliche – subjektive Unrechtsmerkmal der verwerflichen Gesinnung des Verkäufers zulässt, erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGH WM 2008, 967; BGH WM 1997, 1155). |
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wenn kein besonders grobes, sondern nur ein auffälliges Missverhältnis besteht, die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB nur in Betracht kommen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die in Verbindung mit dem auffälligen Missverhältnis den Vorwurf der sittenwidrigen Übervorteilung begründen (BGH WM 2013, 1556). |
Diese zweite Konstellation hat das OLG, das ein auffälliges, aber kein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung festgestellt hat, zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht.
Kriterien
Solche weiteren Umstände hat der BGH verneint:
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Dass der Kläger den Kaufpreis voll finanziert, macht den Kaufvertrag nicht sittenwidrig (BGH NJW 2004, 2671). |
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Wertermittlung im EigeninteresseD... |