Leitsatz
1. Der Senat hält daran fest, dass § 1 Abs. 1 S. 1 LJVwKostG i.V.m. Nr. 1401 KV JVKostG keine taugliche Grundlage für die Erhebung einer Auskunftsgebühr in Höhe von 15 EUR darstellt, wenn auf ein Auskunftsersuchen nach §§ 13, 357 FamFG mitgeteilt wird, dass kein Nachlassvorgang vorhanden ist (Bestätigung Senat v. 22.6.2016 – 14 W 295/16).
2. Ein nach §§ 13, 357 FamFG gestelltes Auskunftsersuchen kann nicht in einen Justizverwaltungsakt umgedeutet werden. Die Frage, ob ein Justizverwaltungsakt vorliegt, ist funktional zu bestimmen (BGH NJW 1989, 587), so dass kein Justizverwaltungsakt vorliegt, wenn ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit angerufen und in diesem Rahmen tätig geworden ist.
OLG Koblenz, Beschl. v. 6.3.2017 – 14 W 60/17
1 I. Der Fall
Schuldnerin ist verstorben, Gläubiger sucht Erben
Die Gläubigerin einer titulierten Forderung gegen die verstorbene Schuldnerin ersuchte das AG – Nachlassgericht – um Auskunft über den Erbfall und die Feststellung und Benennung der Erben sowie die Übersendung der hierauf bezogenen Unterlagen.
Keine Nachlassakten, aber Kosten
Hierauf wurde ihr mitgeteilt, dass kein Nachlassvorgang habe ermittelt werden können, und mit der angegriffenen Kostenansatzrechnung eine Gebühr von 15 EUR nach Nr. 1401 JVKostG auferlegt. Dagegen wandte sich die Gläubigerin unter Hinweis auf den Beschluss des Senates vom 22.6.2016 – 14 W 295/16 dahin, dass das JVKostG nicht anwendbar sei und keine taugliche Grundlage für den Kostenansatz bilde. Die Vertreterin der Staatskasse ist dem unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Ministeriums der Justiz vom 25.7.2016 und die dortige Weisung, bei nächster Gelegenheit eine erneute Befassung des Senates herbeizuführen, entgegengetreten.
Rechtsmittel gegen den Kostenansatz
Das AG hat die Erinnerung zurückgewiesen, gleichzeitig aber die Beschwerde zugelassen. Das LG ist in gleicher Weise verfahren und hat die weitere Beschwerde zugelassen.
2 II. Die Entscheidung
OLG bestätigt seine Ansicht: keine Kosten!
Die weitere Beschwerde ist nach § 22 Abs. 1 S. 2 JVKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG statthaft, da das LG sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat. Sie ist auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg. § 1 Abs. 1 S. 1 LJVwKostG i.V.m. Nr. 1401 KV JVKostG stellt keine taugliche Grundlage für die angesetzte Auskunftsgebühr in Höhe von 15 EUR dar. Der Senat hält an seiner Sicht im Beschl. v. 22.6.2016 – 14 W 295/16 fest.
Es liegt kein Justizverwaltungsakt vor
Die Anwendung der Norm setzt voraus, dass es sich um einen Justizverwaltungsakt gehandelt hat, dass das Amtsgericht auf das Ersuchen des Gläubigers geantwortet hat, dass die erbetenen Informationen nicht erteilt und die verlangten Unterlagen nicht übersandt werden können, weil kein Nachlassvorgang vorliege. Anders als die Bezirksrevisorin unter Berufung auf ein Schreiben des MdJ meint, ist die Frage, ob ein Justizverwaltungsakt vorliegt, nicht "objektiv", sondern funktional zu bestimmen. Es liegt danach im konkreten Fall kein Justizverwaltungsakt vor. Der BGH hat schon am 15.11.1988 (IVa AZR (VZ) 5/88 = NJW 1989, 587) ausgesprochen, dass die Frage, ob ein Justizverwaltungsakt vorliegt, "funktional" zu bestimmen ist (Rn 24 – zitiert nach juris; ebenso BVerwGE 69, 192; Zöller-Lückemann, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 23 EGGVG Rn 2). Der BGH lässt keine Zweifel, dass kein Justizverwaltungsakt vorliegt, wenn das Gericht in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig geworden ist (BGH a.a.O. Rn 25 – zitiert nach juris).
Maßgeblich ist der Antrag des Rechtsuchenden
Es ist also zu fragen, in welchem Verfahren das AG – Nachlassgericht – im konkreten Fall tätig geworden ist. Das wiederum bestimmt sich nach dem Antrag des Rechtsuchenden (BGH a.a.O). Hier ist das Gericht auf einen Antrag nach §§ 13, 357 FamFG und damit in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig geworden. Damit liegt in der Bescheidung des Akteneinsichtsgesuchs kein Justizverwaltungsakt. So hat auch das OLG Hamm (FamRZ 2013, 1152 m.w.N.) entschieden, dass die Entscheidung des Gerichts der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 13 Abs. 7 FamFG, durch die ein nach Abschluss des Verfahrens oder ein von einem nicht verfahrensbeteiligten Dritten gestellter Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt wird, der Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG unterliegt und es sich nicht um die Anfechtung eines Justizverwaltungsaktes im Sinne des § 23 Abs. 1 EGGVG handelt (zustimmend Zöller-Lückemann, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 23 EGGVG Rn 12). Anders als § 299 ZPO unterscheidet § 13 FamFG nämlich nicht nach anhängigen und nicht anhängigen Verfahren und nach Beteiligten und nicht Beteiligten an dem Verfahren. Deshalb bleibt bei einem Ersuchen nach § 13 FamFG auch unerheblich, ob tatsächlich eine Nachlassakte existiert. Auf der Ebene des Kostenrechts kann nichts anderes gelten. Im konkreten Fall wurde ein Gesuch nach §§ 13, 357 FamFG gestellt. Der Antragsteller hat nicht die isolierte und abstrakte Frage aufgeworfen, ob eine Nachlassakte existiert. Unabhängig von der Frage, ob eine...