Leitsatz
Der Zwangsvollstreckungsgläubiger kann im Gerichtsvollzieherauftrag neben einem Antrag auf gütliche Erledigung auch noch weitere aufschiebend bedingte Anträge stellen (hier: Antrag auf sofortige Abnahme der Vermögensauskunft für den Fall des Nichtzustandekommens einer gütlichen Einigung mit dem Schuldner).
AG Nürnberg, 2.7.2013 – 5 M 8593/13
1 I. Der Fall
Isolierte oder kombinierte gütliche Erledigung?
Die Vollstreckungsgläubigerin erteilte einen Zwangsvollstreckungsauftrag mit den Anträgen, eine gütliche Einigung gemäß § 802b ZPO zu versuchen und bei deren Scheitern die Vermögensauskunft abzunehmen. Der GV hat die Durchführung des Auftrages abgelehnt. Es müsse aus dem Vollstreckungsauftrag klar ersichtlich sein, ob lediglich die gütliche Einigung beantragt wird – weitere bedingte Anträge seien dann nicht zulässig – oder ob ein Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft gestellt werden soll. Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Gläubigerin.
2 II. Die Entscheidung
Gericht sieht klaren Vollstreckungsauftrag
Die Erinnerung ist zulässig und begründet. Aus dem Vollstreckungsauftrag vom 2.5.2013 ist klar ersichtlich vorgegeben, wie verfahren werden soll. Der Antrag auf gütliche Einigung ist unbedingt gestellt. Erst wenn dieser scheitern sollte, sind weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen. Aus dem Gesetzestext der §§ 802a Abs. 2 Satz 1 und 2, 802b Abs. 1 ZPO ergibt sich insbesondere auch nicht, dass neben dem Antrag auf gütliche Einigung weitere aufschiebend bedingte Anträge unzulässig sind. Die kostenrechtliche Behandlung dieser Art von Aufträgen ist nicht Gegenstand dieser Erinnerung, sodass hierüber nicht zu entscheiden war.
Gericht sieht klaren Vollstreckungsauftrag
Insgesamt ist der von der Vollstreckungsgläubigerin gestellte Vollstreckungsauftrag mit dem Gesetzeswortlaut der §§ 802a, b ZPO vereinbar. Der Auftrag ist in der gestellten Form zulässig und der GV war daher anzuweisen, den Auftrag entsprechend den gestellten Anträgen durchzuführen.
3 III. Der Praxistipp
Am Auftrag gab es nichts zu zweifeln
Der Auftrag des Gläubigers war eindeutig und bot keine Auslegungsschwierigkeiten. Ganz offensichtlich wollte der GV lediglich die spätere Kostenbehandlung vorbereiten und den Gläubiger dazu drängen "klarzustellen", dass er einen isolierten Antrag für den Versuch auf eine gütliche Einigung stellt, um die kostenrechtliche Klammerfunktion der Anm. zu Nr. 207 KVGvKostG zu umgehen.
Die kostenrechtlichen Folgen
Für den Versuch einer gütlichen Einigung erhält der GV nach Nr. 207 KVGvKostG eine Gebühr von 16 EUR zuzüglich der Auslagenpauschale von 3 EUR nach Nr. 716 KVGvKostG. Die Gebühr entsteht auch im Fall der gütlichen Erledigung. Sie entsteht nach der Anmerkung nicht, wenn der GV gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt ist. Mit dieser Ausnahme wollte der Gesetzgeber erkennbar sicherstellen, dass die gütliche Erledigung nach neuem Recht keine Kosten verursacht, wenn sie auch nach altem Recht (§§ 806b, 813a und b sowie 900 Abs. 3 ZPO a.F.) als Annex einer weiteren Vollstreckungsmaßnahme keine zusätzlichen Kosten verursacht hat. In Kombination mit dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft bleibt die gütliche Erledigung also kostenfrei, wenn sie erfolglos bleibt und es zur Abnahme kommt. Andere Kostenrechnungen sollten beanstandet und der Rechtsmittelweg beschritten werden, bis der BGH die Streitfrage entschieden hat.
Von RiOLG Frank-Michael Goebel
FoVo 5/2014, S. 97 - 98