Der BGH musste die Entscheidung des LG aus formalen Gründen aufheben, hat sie allerdings in der Sache bestätigt. Wieder einmal muss man schon fast bedauernd sagen, hat ein Einzelrichter die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen, ob wohl er in dieser Konstellation nach § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO verpflichtet (BGH NJW 2012, 3518 m.w.N.) gewesen wäre, die Sache zunächst auf die Kammer zu übertragen. Die angefochtene Entscheidung ist damit unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen.
"Segelanweisung" bestätigt Gläubiger
Gibt das Rechtsmittelgericht eine Sache an die Vorinstanz zurück, wird nicht selten ein in der Justiz als "Segelanweisung" bezeichneter Hinweis zum weiteren Verfahren erteilt. So ist auch der BGH vorliegend verfahren. Er bestätigt den Ausgangspunkt des Landgerichtes: Der vorliegend titulierte Anspruch auf Lieferung des Fahrzeugs unterliegt der Herausgabevollstreckung nach § 883 ZPO.
Maßgeblich: Auslegung des Titels
Für die Beantwortung der Frage, welchen Vorschriften die Vollstreckung titulierter Verpflichtungen unterliegt, ist zunächst der Vollstreckungstitel auszulegen. Ergibt diese Auslegung, dass im Titel ein Herausgabeanspruch mit weiteren sachbezogenen, die herauszugebende Sache betreffenden Handlungspflichten – etwa zur Versendung, Herstellung oder Reparatur – verbunden ist (vgl. zum Begriff der Handlungspflichten Schilken, DGVZ 1988, 49, 52), so kommt – je nach Gegenstand dieser weiteren Handlungspflichten – eine unterschiedliche vollstreckungsrechtliche Einordnung in Betracht (vgl. Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 883 Rn 4).
Hier geschuldet: Werkleistung und Lieferung
Im vorliegenden Fall umfasst der Vollstreckungstitel sowohl Pflichten zur Vornahme von Werkleistungen an dem Fahrzeug als auch die Pflicht zu dessen Lieferung an einen bestimmten Ort. Der Vollstreckungsauftrag bezieht sich allerdings allein auf die Lieferpflicht. Das LG hat aber zutreffend angenommen, dass sich aus dem Tenor und dem zu seiner Auslegung heranzuziehenden Inhalt des Urteils hinreichend deutlich die Pflicht der Schuldnerin ergibt, das Fahrzeug dem Gläubiger herauszugeben und an dessen Wohnsitz zu liefern.
Einordnung der Versendung
Die vollstreckungsrechtliche Einordnung einer Pflicht zum Versand oder Verbringen einer herauszugebenden Sache ist umstritten.
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Teilweise wird befürwortet, auf die Pflicht zur Organisation des Transports, soweit sie eine vertretbare Handlung darstellt, § 887 ZPO anzuwenden; § 887 Abs. 3 ZPO stehe dem nicht entgegen, weil diese Vorschrift sich allein auf die eigentliche Herausgabe beziehe (OLG Zweibrücken OLG-Rep. 2001, 70). |
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Weiter wird vertreten, ein Verschaffungstitel habe jedenfalls dann eine der Vollstreckung nach § 888 ZPO unterfallende nicht vertretbare Handlung zum Gegenstand, wenn der Transport der Sache – wie etwa die Überführung eines Fahrzeugs über eine lange Strecke – mit erheblichem Aufwand und Risiko verbunden sei (MüKoZPO/Gruber a.a.O. § 883 Rn 16; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 883 Rn 9; Schneider, MDR 1983, 287, 288). |
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Die Verpflichtung zum Versand oder Verbringen einer beweglichen Sache wird schließlich in Teilen der Rechtsprechung und Literatur als ein die Herausgabevollstreckung nach § 883 ZPO nicht hindernder Umstand angesehen, weil ihr gegenüber der Herausgabepflicht keine relevante eigenständige Bedeutung zukomme (RGZ 36, 369, 372 f.; OLG Frankfurt MDR 1983, 325; AG Osnabrück DGVZ 1966, 91; Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., § 883 ZPO Rn 26; Schilken, DGVZ 1988, 49, 53). Davon ist auch das Beschwerdegericht ausgegangen. |
BGH sieht Herausgabepflicht im Fokus
Der BGH folgt der dritten Ansicht und entscheidet damit die Streitfrage. Maßgeblicher Gesichtspunkt sei, ob die Liefer- oder Versendungspflicht im Verhältnis zur Herausgabeverpflichtung eine eigenständige Bedeutung hat oder lediglich ein unselbstständiger Teil sei. Die titulierte Pflicht zur Versendung oder Verbringung der herauszugebenden Sache erlangt danach gegenüber der Herausgabepflicht grundsätzlich keine eigenständige Bedeutung. Nach § 883 ZPO hat der Gerichtsvollzieher die Sache nicht nur dem Schuldner wegzunehmen, sondern sie auch dem Gläubiger zu übergeben; die Übergabe ist mithin Bestandteil der Herausgabevollstreckung.
Hinweis
Mit der Verbringung der Sache durch den Gerichtsvollzieher wird zum einen die titulierte Verpflichtung durchgesetzt. Zum anderen sind die Kosten der Verbringung notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 ZPO, die deshalb der Schuldner zu tragen hat (vgl. Schilken, DGVZ 1988, 49, 54). Der Schuldner wird also auch nicht von seiner Verpflichtung entlastet. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass der Gläubiger nach § 4 GvKostG zunächst vorschusspflichtig ist und er das Risiko trägt, dass die Vollstreckungskosten auch beigetrieben werden können.
BGH schafft Rechtssicherheit
Der BGH schafft so Rechtssicherheit zur V...