I. Das Problem
Monierung: PfÜB nicht unterschrieben
Wir vollstrecken für den Gläubiger aus einem Vollstreckungsbescheid wegen einer Gesamtforderung von zuletzt knapp 4.300 EUR. Nachdem wir ermitteln konnten, dass der Schuldner nach einigen Monaten Arbeitslosigkeit wieder berufstätig war, und auch der Arbeitgeber zu ermitteln war, haben wir einen entsprechenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) beantragt. Das Formular wurde ohne Unterschrift eingereicht. Der Rechtspfleger hat den Antrag wegen der fehlenden Unterschrift moniert. Zu Recht? Wegen der Vielzahl der PfÜB in unserem Hause und dem Umstand, dass diese extern gedruckt werden, würden wir gerne auf die individuelle Unterzeichnung der PfÜB verzichten.
II. Die Lösung
Formularzwang
Für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist die Verwendung des Formulars nach der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung (ZVFV) zwingend vorgeschrieben. Das Formular sieht auch eine Unterschriftenzeile vor.
ZPO verlangt keine Unterschrift
Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Formular auch tatsächlich unterschrieben werden muss. Wie bei anderen Feldern des Formulars gibt es nur eine Ausfüllmöglichkeit ohne Ausfüllzwang. Die Frage, ob eine Unterschrift erforderlich ist, bestimmt sich deshalb allein nach der ZPO. Danach ist die Unterschrift nur dann erforderlich, wenn dies im Gesetz ausdrücklich angeordnet ist. Daran fehlt es (LG Bad Kreuznach, 23.4.2010, 1 T 78/10).
Auch § 829 Abs. 4 ZPO, der den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einem Formularzwang unterwirft, ordnet nicht zugleich auch das Erfordernis einer Unterschrift an. Das ergibt sich schon daraus, dass zwar eine Ermächtigung zur Einführung von Formularen eingeführt wurde, das BMJV aber nicht ermächtigt ist, außerhalb der ZPO neue Formvorschriften zu postulieren. Soweit ersichtlich geht auch die neuere Kommentarliteratur davon aus, dass es einer Unterschrift nicht bedarf (vgl. Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 829 Rn 33; Smid, in: MüKo-ZPO, § 829 Rn 16; Stöber, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 829 Rn 3; vgl. auch Stöber, Forderungspfändung, Rn 469; a.A. wohl ohne nähere Begründung Musielak/Becker, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 829 Rn 2a).
Aber: Antrag muss ernstlich gewollt sein
Von der Frage, ob der Antrag einer eigenhändigen Unterschrift bedarf, ist die Frage zu unterscheiden, ob erkennbar wird, dass sich der Antragsteller des Formulars wirklich entäußern wollte, d.h. ob der ernstliche Wille erkennbar ist, einen PfÜB zu beantragen. Dafür ist die eigenhändige Unterschrift sicher ein Indiz. Einer eingescannten Unterschrift kann diese Bedeutung dagegen nicht zugemessen werden (LG Dortmund Rpfleger 2010, 679; LG Stuttgart DGVZ 2014, 196 hierzu Goebel, FoVo 2013, 35). Es ist schon nicht recht zu ersehen, welche Bedeutung Antragsteller einer eingescannten Unterschrift beimessen wollen, wenn nicht nur eine tatsächliche Unterschrift vorgetäuscht werden soll.
Erstes Indiz: Der Antrag ist da
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass allein der Umstand, dass ein Antrag zu Gericht gelangt ist, dafür spricht, dass sich der Antragsteller des Antrages entäußern wollte. Anderes gilt nur, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Wer anderes verlangt, überspannt die Anforderungen und unternimmt den Versuch, durch die Hintertür ein Unterschriftserfordernis einzuführen.
Hinweis
Auch Steuerbescheide sind in Massenverfahren erstellt und werden ohne Unterschrift versandt, ohne dass per se in Zweifel gezogen wird, dass sich das Finanzamt des Bescheides auch entledigen wollte.
Automatisierte Bearbeitung ist möglich, nötig und sinnvoll
Das Bedürfnis, Massenverfahren automatisiert zu bearbeiten, darf nicht zu der Ansicht verführen, dass "niemand mehr wisse, was dort geschehe". Auch der automatisierte Prozess muss entworfen, eingerichtet und mit einem Formularwesen versehen werden. Da dort personenbezogene Daten verarbeitet werden, muss er den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes genügen. Der Prozess ist vor diesem Hintergrund getestet, vorgehalten und kontrolliert. Dabei zeigt die Praxis, dass zwar viele Prozesse automatisiert unterstützt, im Weiteren aber manuell betreut werden. Dies ändert nichts daran, dass der Ausführende am Ende seiner Überlegungen ein automatisiert erstelltes Schreiben oder Formular nutzt, um seine Entscheidung zum Fortgang des Verfahrens zum Ausdruck zu bringen. Ohne die Unterstützung der modernen Technik – was soll auch dagegen sprechen – sind größere Mengen nicht zu beherrschen. Die höheren Kosten einer manuellen Bearbeitung müsste letztlich der ehrliche Verbraucher durch die Umlage auf die Preise tragen.
Weitere Indizien
Der BGH hat darauf hingewiesen, dass Zweifel am Entäußerungswillen ausgeräumt sind, wenn auf eine Monierung der Unterschrift oder ein Rechtsmittel hin um die Ausführung des Auftrages gebeten wird (BGH DGVZ 2005, 94). Auch die Leistung eines Kostenvorschusses (vgl. § 12 Abs. 6 GKG), nicht aber die pauschal erteilte Einzugsermächtigung k...