Einführung
Der unbekannt verzogene Schuldner als Praxisproblem
Im Rahmen der Abnahme der Vermögensauskunft stellt sich als Praxisproblem immer wieder die mangelnde Erreichbarkeit des Schuldners. Der für die bekannte Meldeanschrift des Schuldners zuständige Gerichtsvollzieher teilt mit, dass die Ladung zum Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft nicht zugestellt werden konnte, weil der Schuldner unbekannt verzogen ist.
Was tun beim unbekannt verzogenen Schuldner?
Naheliegend ist es, in diesem Fall eine Adressrecherche durchzuführen. Dabei kommt sowohl eine – meist fruchtlose – weitere Einwohnermeldeamtsanfrage (EMA) oder eine Anfrage bei einem Spezialunternehmer für Adressrecherche (regis 24, deltavista, postadress, infoscore oder viele andere mehr) in Betracht, die auch noch auf aktuelle Adressdaten aus dem Wirtschaftsleben zurückgreifen. Was aber, wenn auch danach keine zustellungsfähige Anschrift bekannt ist?
Die Möglichkeit der öffentlichen Zustellung …
Es stellt sich dann die Frage, ob die Akte einfach auf Frist gelegt und der Adressrecherchevorgang in regelmäßigen Abständen wiederholt wird. Als Alternative könnte die öffentliche Zustellung der Ladung erwogen werden. Die Streitfrage, ob dies möglich ist, hat nun der BGH (Beschl. v. 30.11.2017 – I ZB 5/17) geklärt.
… und die Frage nach deren Sinn müssen bedacht werden
Wenn man die Option der öffentlichen Zustellung sieht, muss im Weiteren allerdings abgewogen werden, welchen Vorteil der Gläubiger davon hat. Sowohl das Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft als auch die öffentliche Zustellung sind nämlich nicht ohne sachlichen, personellen und finanziellen Aufwand zu haben. Beiden Fragen soll hier nachgegangen werden.
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Hinweis
Dagegen kommt weder ein Haftbefehlsantrag nach § 802g ZPO noch die Beantragung von Drittauskünften nach § 802l ZPO in Betracht, weil dies jeweils die Nichtabgabe der Vermögensauskunft trotz ordnungsgemäßer Ladung voraussetzt. Es fehlt aber ja gerade an der ordnungsgemäßen Ladung.
I. Ein aktueller Fall des BGH zum Thema
Im Fall des BGH (I ZB 5/17) beauftragte der Gläubiger den GV mit der Abnahme der Vermögensauskunft bei der Schuldnerin, einer GbR. Der GV konnte dem Geschäftsführer der Schuldnerin die Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft aber weder unter der inländischen Anschrift der Schuldnerin noch unter der im Handelsregister eingetragenen inländischen Geschäftsanschrift der Schuldnerin zustellen.
GV lehnt öffentliche Zustellung ab
Der Gläubiger beantragte daraufhin beim GV die öffentliche Zustellung der Ladung, was dieser aber ablehnte. Das AG auf die Erinnerung nach § 766 sowie das LG auf die sofortige Beschwerde nach §§ 793, 567 ff. ZPO gaben ihm Recht. Das LG nahm an, eine öffentliche Zustellung sei nicht möglich. Die vom GV zu veranlassende Ladung zum Termin erfordere stets eine Zustellung im Parteibetrieb. Das System der Parteizustellung kenne – anders als das System der Amtszustellung – keine öffentliche Zustellung. Eine öffentliche Zustellung bedürfe der gerichtlichen Bewilligung. Da das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft gänzlich dem GV übertragen und dieser selbst kein Gericht sei, sei eine Bewilligung der öffentlichen Zustellung weder durch den GV noch durch das Vollstreckungsgericht möglich.
II. BGH sieht die öffentliche Zustellung als weitere Option
Zahlungsaufforderung als letzte Chance
Nach dem BGH kann der GV die öffentliche Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft bewilligen. Er geht dabei von den Grundaufgaben des GV aus, der auf eine Beitreibung von Geldforderungen hinzuwirken habe (§ 802a Abs. 1 ZPO).
Der GV ist aufgrund des Vollstreckungsauftrags des Gläubigers und der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung verpflichtet, eine Vermögensauskunft des Schuldners einzuholen, §§ 802a Abs. 2 Nr. 2, 802c, 802d ZPO. Mit der Ladung setzt der GV dem Schuldner noch einmal eine letzte 2-wöchige Zahlungsfrist, den verfassungsrechtlich erheblichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht abzuwenden. Kommt der Schuldner dem nicht nach, muss er die Vermögensauskunft abgeben. Dazu wird er schon mit der Zahlungsaufforderung geladen.
Ladung ist formgebunden
Wie die Ladung zu erfolgen hat, bestimmt § 802f Abs. 4 S. 1 Hs. 1 ZPO. Danach gibt es zwei Dinge zu beachten:
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Der Schuldner ist persönlich zu laden, auch wenn er einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. |
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Die Ladung ist förmlich zuzustellen, d.h. eine formlose mündliche oder schriftliche Ladung genügt nicht. |
Zustellung auf Betreiben der Parteien
Der BGH stellt noch einmal klar, dass die Ladung des Schuldners eine Zustellung auf Betreiben der Parteien (§§ 191–195 ZPO) und keine Zustellung von Amts wegen (§§ 166–190 ZPO) darstellt (so schon OLG Stuttgart FoVo 2015, 49). Der tragende Grund für den BGH ist, dass der GV nur auf Antrag des Gläubigers tätig wird.
Hinweis
Das hat Konsequenzen. Nur für die Zustellung auf Betreiben der Parteien hat der GV nämlich einen Anspruch auf Gebühren nach Nrn. 100, 101 KVGvKostG und die hierauf bezogenen Auslagen nach Nrn. 701, 711 KVGvKostG.
Ist eine Zustellung auf Betreiben der Parteien zugelassen o...