Leitsatz
Ein Rechtsanwalt, der rechtskräftig zur Herausgabe seiner Handakten verurteilt wurde, ist verpflichtet, diese ohne weitere Veranlassung an seinen früheren Mandanten bzw. dessen Bevollmächtigten zu versenden. Das Bereithalten der Akten zur Abholung in seinem Büro reicht nicht aus. Der Rechtsanwalt hat daher die Kosten einer nach angemessener Frist ausgesprochenen Androhung der Zwangsvollstreckung zur Herausgabe der Handakten zu erstatten.
LG Mannheim, 5.2.2013 – 10 T 81/12
1 I. Der Fall
Hol- oder Bringschuld?
Der Schuldner wurde zur Herausgabe einer Handakte an die Gläubiger verurteilt. Die anwaltlich vertretenen Gläubiger forderten den Schuldner zur Übersendung der Akte auf und verlangten Ausgleich der Kostennote für die anwaltliche Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung über insgesamt 344,38 EUR. Der Schuldner ist der Meinung, er habe die Akten nur zur Abholung bereithalten müssen. Das AG hat die Kosten trotzdem antragsgemäß festgesetzt.
2 II. Die Entscheidung
Vollstreckungsandrohung löst Gebühr aus
Die Kosten einer Vollstreckungsgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG, die durch die anwaltliche Vollstreckungsandrohung ausgelöst wird, sind nach § 91 ZPO erstattungsfähig, wenn dem Schuldner nach Erlass des Urteils eine ausreichende Frist zur freiwilligen Leistung eingeräumt worden war. Im vorliegenden Fall warteten die Gläubiger mehr als zweieinhalb Monate seit Zustellung des Urteils an den Schuldner zu, bis sie die Zwangsvollstreckung androhen ließen. Der Schuldner hatte ausreichend Zeit, freiwillig zu leisten.
3 III. Der Praxistipp
Schuldner muss grundsätzlich handeln
Der Entscheidung ist zuzustimmen. Bei Leistungsurteilen ist es grundsätzlich an dem Schuldner, für die Erfüllung der Leistung Sorge zu tragen, soweit im Vollstreckungstitel nichts anderes angeordnet ist. Der Schuldner hätte deshalb im Hauptsacheverfahren eine Klarstellung des Antrages dahingehend verlangen können, dass er nur zur Bereithaltung verpflichtet ist. Soweit der Gläubiger dem nicht entsprochen hätte, hätte er widerklagend eine entsprechende Verpflichtung tenorieren lassen können. Umgekehrt hätte auch der Gläubiger durch einen entsprechenden Antrag, "die Handakte herauszugeben und an die Gläubiger zu übersenden", für klare Verhältnisse sorgen können. In der Sache hätten die Gläubiger nicht zweieinhalb Monate warten müssen. 14 Tage hätten auch genügt.