Leitsatz
Die Vollstreckungsforderung ist im Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen einer Geldforderung unter den Bedingungen der Zwangsvollstreckungsformularverordnung auch dann hinreichend bestimmt bezeichnet, wenn im verbindlich vorgesehenen Formular auf Seite 3 lediglich die Gesamtforderung eingetragen wird und im Übrigen auf die "anliegende Aufstellung", d.h. die Forderungsaufstellung verwiesen wird. Aus dieser Verfahrensweise kann die Unzulässigkeit des Vollstreckungsantrages wegen eines Verstoßes gegen den Formularzwang nicht hergeleitet werden.
LG Mainz, 14.5.2013 – 3 T 54/13
1 I. Der Fall
Die Gläubigerin hat den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB) auf dem seit dem 1.3.2013 verbindlich vorgeschriebenen Formular beantragt. In der Forderungsaufstellung auf Seite 3 des Formulars hat sie in der linken Spalte lediglich die Summe von 199,35 EUR angegeben und oben rechts angekreuzt: "Gemäß anliegender Aufstellung. Die Aufstellung ist dem Antrag beigefügt." Das Amtsgericht hat dem Gläubigervertreter darauf aufgegeben, das Zwangsvollstreckungsformular vollständig auszufüllen, auf Seite 3 fehlten die zu bezahlenden Beträge. Die Beträge seien in die dafür vorgesehenen Zeilen einzutragen, der Verweis auf die Anlagen der Aufstellung sollten nur der Erläuterung dienen.
Hiergegen hat der Gläubiger sich gewandt, worauf das AG den Antrag auf Erlass eines PfÜB zurückgewiesen hat. Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit der sofortigen Beschwerde.
2 II. Die Entscheidung
Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist begründet. Gemäß § 572 Abs. 3 ZPO war jedoch die erforderliche Anordnung, der Erlass des PfÜB, dem AG – Vollstreckungsgericht – zu überlassen.
Angabe der Gesamtsumme im Formular reicht
Für den Antrag auf Erlass eines PfÜB besteht aufgrund der gemäß § 829 Abs. 4 ZPO erlassenen Zwangsvollstreckungsformularverordnung – ZVFV – seit dem 1.3.2013 Formzwang. Ein nicht formgerechter Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen. Die Forderung der Gläubigerin gegen den Schuldner, die Vollstreckungsforderung, muss nach Hauptsache, Zinsen, Prozess und Kosten zumindest bestimmbar dargestellt sein, wozu eine beigefügte Forderungsaufstellung ausreicht (Musielak/Becker, ZPO, 10. Aufl. 2013, § 829 Rn 3 m.w.N.; Vorwerk/Wolf/Riedel, Beck’scher Onlinekommentar ZPO, 2013, § 829 ZPO Rn 26; BGH NJW-RR 2003, 1437; BGH NJW 2008, 3144, 3145, jeweils m.w.N.). Auch der Hinweis auf der Internetseite des Bundesministeriums enthält keine andere Darstellung. Dort heißt es: "In Bezug auf die Forderungsaufstellung kann dies gegebenenfalls auch in der Weise vorgenommen werden, dass die detaillierte Forderungsaufstellung in einer Anlage erfolgt, die Endbeträge jedoch in die Forderungsaufstellung des Formulars übernommen werden."
Im Übrigen genügt der Verweis auf eine Forderungsaufstellung
Vorliegend hat der Gläubiger die Gesamtsumme der Forderung – Hauptforderung, Zinsen und Kosten – von 199,35 EUR in die linke Spalte auf Seite 3 des Antragsformulars eingestellt, aber nicht gesondert die Hauptforderung, die Zinsen und die Kosten in der linken Spalte in den für die jeweiligen Positionen vorgesehenen Kästchen dargestellt. Er hat vielmehr hierzu auf die anliegende detaillierte Forderungsaufstellung verwiesen. Dies reicht nach Auffassung der Kammer aus, da die Gesamtforderung des Gläubigers bestimmbar ist. Mehr ist von dem Gläubiger nicht zu fordern. Jede weitere Angabe wäre Formalismus, der offensichtlich vom Verordnungsgeber, der im Formular die Möglichkeit eröffnet hat, auf die anliegende Forderungsaufstellung zu verweisen, erkennbar nicht gewünscht war. Auch der Hinweis auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz, dass Anlagen nicht benutzt werden dürfen, um das Ausfüllen der in den Formularen vorgesehenen Felder nicht zu umgehen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass der Verordnungsgeber das Merkmal der Bestimmbarkeit der Forderung, wie es durch die oben dargestellte bisherige Rechtsprechung entwickelt wurde, durch die Einführung des Formularzwangs hat aufgeben wollen, ist nicht ersichtlich; aus der Möglichkeit des Verweises auf anliegende Forderungsaufstellungen ergibt sich das Gegenteil. Das sieht offenbar auch die oben zitierte Kommentarliteratur so.
Da das AG die weiteren Voraussetzungen für den Erlass des PfÜB noch nicht geprüft hat, war gemäß § 572 ZPO die Maßnahme beim Vollstreckungsgericht zugelassen.
3 III. Der Praxistipp
Das hat die FoVo schon immer gesagt …
Die Entscheidung des LG entspricht der von Goebel in FoVo 2013, 81 ff. begründeten Auffassung. Eine andere Entscheidung ist auch kaum möglich gewesen, weil das verbindlich vorgeschriebene Formular eine Darstellung der vom Schuldner bereits geleisteten Zahlungen (Teilleistungen) nicht erlaubt und deshalb eine widerspruchsfreie Gesamtdarstellung der Forderung unter Beachtung der Verrechnungsregeln nicht möglich ist.
Formular erfasst nicht alle Fälle
Auch das BMJ räumt ein, dass das Formular nicht alle Fallkonstellationen der Praxis erfas...