Gesamtschuld: Gläubiger wählt aus!
Es ist richtig, dass der Gläubiger gegen jeden der drei Schuldner vorgehen kann. Einer von ihnen kann den Gläubiger aber nicht darauf verweisen, er solle gegen einen anderen vorgehen. Das ist allein die Entscheidung des Gläubigers, der z.B. auch die Erfolgsaussichten einer Vollstreckung berücksichtigen kann.
Widerklageanspruch nicht Vollstreckungsgegenstand
Es ist richtig, dass der Gläubiger auf die Widerklage hin verurteilt wurde, den Wagen an den Schuldner herauszugeben. Eine Erfüllung ist dem Gläubiger nicht mehr möglich. Das kann aber dahinstehen, da aus der Widerklage vorliegend nicht vollstreckt wird.
Defekt unerheblich
Ob der Gläubiger den Wagen genutzt und/oder beschädigt hat, ist für die Frage, ob der Gläubiger jetzt vollstrecken kann, ohne Belang.
Mitteilung der Bank unbedeutend
Dass die A-Bank, die im Besitz des Wagens ist, dem Schuldner schreibt, keine Zahlungsansprüche mehr gegen ihn zu haben, belegt nicht, dass der Gläubiger den Wagen nicht an die Eigentümerin herausgegeben hat, weil etwa seinerzeit der Schuldner schon Eigentümer geworden sei. Es steht nicht einmal fest und kann auch nicht aus dem Schreiben der A-Bank herausgelesen werden, dass der Schuldner jetzt Eigentümer sei.
Entscheidend ist: Da das LG keinen Annahmeverzug des Schuldners festgestellt hat, kann der Gläubiger grundsätzlich nur vollstrecken, wenn er dabei die Zug-um-Zug-Gegenleistung anbietet (§ 756 ZPO). Das hat er nicht getan und kann es auch nicht mehr. Das Anbieten ist aber dann nicht erforderlich, wenn der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder in Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird. Auch diese Beweisführung ist dem Gläubiger nicht möglich.
Ausnahme vom Gegenleistungsangebot
Dem Schuldner muss vom Gerichtsvollzieher aber dann keine Gegenleistung angeboten werden, wenn die Befriedigung unstreitig ist (B/L/Hartmann, ZPO, § 756 Rn 10; allg. Meinung, wenn auch mit unterschiedlichen Formulierungen, vgl. Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, § 756 Rn 1 "wenn der Schuldner den Empfang nicht bestreitet"; Hk-ZPO/Kindl, 2015, § 756 Rn 10 "wenn der Schuldner den Erhalt zugesteht").
Bestreiten bei Tatsachennachweis unerheblich
Hier bestreitet der Schuldner den Empfang, und tatsächlich hat er den Wagen auch nicht selbst erhalten, sondern die A-Bank. Die in der Literatur vertretene Auffassung ist aber über die Fälle, in denen der Schuldner den Empfang der Gegenleistung einräumt, auf die Fälle zu erweitern, in denen die Tatsachen, aus denen seine Befriedigung folgt, unstreitig sind, der Schuldner diese Tatsachen nur rechtlich anders wertet und nicht als Befriedigung seines Anspruchs akzeptiert, denn es kommt auf die objektive Lage, nicht auf das subjektive Empfinden des Schuldners an. So verhält es sich hier. Die Tatsachen sind unstreitig.
Herausgabe an berechtigten Dritten zulässig
Befriedigung des Schuldners ist dadurch eingetreten, dass der Gläubiger den Wagen an einen Dritten, die A-Bank, herausgegeben hat. Der Herausgabe der Zug-um-Zug-Gegenleistung an den Schuldner steht es gleich, wenn der Gläubiger die Sache statt an den Schuldner direkt an einen Dritten herausgibt, der dem Schuldner gegenüber über einen Herausgabeanspruch verfügt, den dieser seinerseits sogleich erfüllen muss. Die ratio des § 756 ZPO ist ja, dass der Schuldner eine Gegenleistung, die ihm zusteht, erhalten muss, um seinerseits zur Erfüllung verpflichtet zu sein.
Gläubiger erfüllt Schuld des Schuldners
Muss der Schuldner, der, wie hier, von dem Dritten nur ermächtigt war, die Sache sogleich an diesen weitergeben, erfüllt der Gläubiger mit der Herausgabe an den Dritten eine Schuld seines Schuldners gegenüber diesem Dritten, was im Ergebnis die Befriedigung des Schuldners ist, denn es ist unerheblich, in welcher Weise der Gläubiger den Schuldner befriedigt hat – und hier hat der Gläubiger den Schuldner, indem er die Sache nicht ihm, sondern dem Dritten gab, von seiner Herausgabepflicht dem Dritten gegenüber befreit, was genau das ist, was der Schuldner, wäre er in den Besitz des Wagens gelangt, hätte tun müssen, um seine Pflicht zu erfüllen.