Leitsatz
Bei der Vollstreckung in das Grundstück einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gelten die (noch) im Grundbuch eingetragenen (bisherigen) Gesellschafter grundsätzlich auch dann in entsprechender Anwendung von § 1148 Satz 1, § 1192 Abs. 1 BGB als Gesellschafter der Schuldnerin, wenn diese durch den Tod eines eingetragenen Gesellschafters aufgelöst worden ist.
BGH, 19.11.2015 – V ZB 201/14
1 I. Der Fall
GbR ist Grundstückseigentümer
Im Jahr 1987 erwarben W.T., K.T., C.T. und M.T. in GbR das zu versteigernde Grundstück, bestellten als Gesellschafter eine Grundschuld in Höhe von 975.000 DM zugunsten der Rechtsvorgängerin der Gläubigerin und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise, dass die Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig ist.
Ein Gesellschafter verstirbt
K.T. verstarb im Jahr 2009 und wurde von M.T. beerbt. Besondere Vereinbarungen hatten die Gesellschafter für die GbR nicht getroffen. Als Eigentümer des Grundstücks sind derzeit K.T., C.T. und M.T. in GbR im Grundbuch eingetragen. Im Jahr 2013 wurde die Vollstreckungsklausel auf die jetzige Gläubigerin umgeschrieben und unter Aufrechterhaltung der persönlichen Haftung gegen die aus K.T., C.T. und M.T. bestehende GbR erteilt.
Streit um die Zulässigkeit der Zwangsversteigerung
Antragsgemäß ordnete das AG die Zwangsversteigerung des Grundstücks mit Beschl. v. 9.4.2014 wegen der dinglichen Ansprüche aus der Grundschuld zunächst an, stellte sie aber mit Beschl. v. 17.4.2014 gemäß § 28 ZVG unter Hinweis auf die Auflösung der GbR durch den Tod von K.T. wieder ein. Am 31.7.2014 hob das AG den Einstellungsbeschluss auf die Erinnerung der Gläubigerin wieder auf. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der GbR (Schuldnerin) wies das LG zurück. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Schuldnerin.
2 II. Aus der Entscheidung/Der Praxistipp
Anordnungsvoraussetzungen liegen vor
Zu Recht nimmt das Beschwerdegericht an, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsversteigerung bei Erlass des Anordnungsbeschlusses vorgelegen haben. Der Antrag der Gläubigerin auf Anordnung der Zwangsversteigerung ist nicht gegen die Gesellschafter C.T. und M.T., sondern ausdrücklich gegen die GbR gerichtet; die Gläubigerin hat lediglich bezogen auf die zu dieser gehörenden Gesellschafter mitgeteilt, dass K.T. verstorben sei.
Hinweis
Hier zeigen sich zwei wichtige Aspekte für die Praxis:
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Zum einen muss die Grundschuldbestellung so ausgestaltet sein, dass sowohl die GbR als auch die Gesellschafter als (Gesamt-)Schuldner aufgeführt werden. |
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Zum anderen muss sich der Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung oder der Zwangsversteigerung gegen die GbR und die Gesellschafter richten. |
Hier: Grundschuld nach § 800 ZPO gegen GbR
Die Grundschuldbestellungsurkunde erlaubt die Vollstreckung in das Vermögen der GbR als Schuldnerin und ist nach § 800 ZPO vollstreckbar. Ob die erforderliche Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz von der Schuldnerin als Verband oder von den für sie handelnden (sämtlichen) Gesellschaftern persönlich erklärt worden ist, ist ohne Bedeutung. Die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist auch aufgrund einer durch diese persönlich erklärten Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen möglich (BGH FoVo 2011, 35 m.w.N.).
Hinweis
Der Eigentümer kann sich in einer nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde in Ansehung einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld nach § 800 Abs. 1 Satz 1 ZPO der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterwerfen, dass die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zulässig sein soll.
Rechtsnachfolgeklausel nicht erforderlich
Einer Rechtsnachfolgeklausel aufgrund des Todes von K.T. bedarf es nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH gelten bei der Vollstreckung in das Grundstück einer GbR in entsprechender Anwendung von § 1148 Satz 1, § 1192 Abs. 2 BGB die eingetragenen Gesellschafter zugunsten des Gläubigers als Gesellschafter der Schuldnerin, wenn ein Gesellschafterwechsel noch nicht in das Grundbuch eingetragen worden ist. Einer Rechtsnachfolgeklausel analog § 727 ZPO bedarf es nicht, wenn die in dem Titel aufgeführten Gesellschafter der GbR bei Anordnung der Zwangsversteigerung mit den im Grundbuch eingetragenen Gesellschaftern übereinstimmen (näher zum Ganzen Senat BGH FoVo 2011, 35; BGH NJW 2011, 1449). Dies hat der BGH jedenfalls unter der Voraussetzung angenommen, dass die GbR weiterhin besteht (BGH NJW 2011, 1449).
Auflösung der GbR hat keine Außenwirkung
Die Folgen einer Auflösung der GbR gemäß § 727 Abs. 1 BGB richten sich nach den §§ 730 ff. BGB. Gemäß § 730 Abs. 2 Satz 1 BGB gilt die Gesellschaft bis zum Abschluss der Liquidation als fortbestehend. Entgegen dem Wortlaut der Norm handelt es sich nicht lediglich um eine Fiktion. Vielmehr bewahrt die Gesellschaft ihre Identität in personen- und vermögensrechtlicher Hinsicht. Auch ihre Rechtsfähigkeit als Außengesellschaft besteht unverändert fort. Lediglich der ...