Mehrere Gläubiger agieren gleichzeitig
Die Praxis zeigt, dass sich der Schuldner regelmäßig nicht nur einem, sondern mehreren Gläubigern gegenüber sieht. Dies kann dazu führen, dass auch die Zwangsvollstreckung gleichzeitig von mehreren Gläubigern betrieben wird. Vor dem Hintergrund, dass nach der Reform der Sachaufklärung bei fehlenden Informationen zum Arbeitgeber und dem für die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs genutzten Kreditinstitut die Zwangsvollstreckung mit der Abnahme der Vermögensauskunft startet, erlangen ggf. mehrere Gläubiger zur gleichen Zeit die erfragten Informationen.
Hinweis
Der Rechtsdienstleister kann dies daran erkennen, dass das übermittelte Vermögensverzeichnis nicht nur ein, sondern mehrere Aktenzeichen aufweist.
In diesen Fällen ist besondere Eile geboten, weil grundsätzlich derjenige Gläubiger den gesamten Vollstreckungserlös erlangt, der die Pfändung als erster ausbringen kann, § 804 Abs. 3 ZPO. Die Forderungspfändung wird dabei mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner wirksam.
Zeitgleiches Agieren mit gleichzeitiger Zustellung
Diese zeitgleiche Information kann in eine gleichzeitige Reaktion, nämlich der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, münden, was wiederum den gleichzeitigen Erlass und die gleichzeitige Zustellung des Beschlusses nach sich zieht. Für diesen Fall stellt sich die Frage, wie bei einem pfändbaren Betrag die Aufteilung zwischen den Gläubigern vorzunehmen ist, da es an einer Priorisierung im Sinne des § 804 Abs. 3 ZPO fehlt.
Beispiel
Gläubiger A verfügt über einen vollstreckbaren Anspruch gegen den Schuldner in Höhe von 7.500 EUR und Gläubiger B über einen solchen von 2.500 EUR. Beide haben durch zeitgleiche Zustellung eines auf ihre Forderung bezogenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses den Arbeitslohn gegen den Arbeitgeber (Drittschuldner) gepfändet. Der alleinstehende und keiner Person unterhaltspflichtige Schuldner verfügt über ein Nettoeinkommen (§ 850e Nr. 1 ZPO) von 1.700 EUR. Hieraus ergibt sich ein pfändbarer Betrag von 438,28 EUR nach der Anlage 1 zu § 850c ZPO. Zu klären ist, wer diesen Betrag in welcher Höhe zu beanspruchen hat.
Grundlage der gleichzeitigen Zustellung
Die gleichzeitige Zustellung hat § 121 Abs. 1 Satz 5 der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung (GVGA) zur Grundlage. Ist der Gerichtsvollzieher mit der Zustellung mehrerer Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse an denselben Drittschuldner beauftragt, so stellt er sie danach alle in dem gleichen Zeitpunkt zu und vermerkt in den einzelnen Zustellungsurkunden, welche Beschlüsse er gleichzeitig zugestellt hat. Hieraus ersehen die Gläubiger also wechselseitig, dass sie sich in der beschriebenen Situation befinden. Dabei ist immer zu prüfen, ob die Beschlüsse nicht nur am gleichen Tag, sondern auch zur gleichen Uhrzeit, die auf der Zustellungsurkunde nach § 121 Abs. 1 Satz 3 GVGA zu vermerken ist, zugestellt wurden. Erfolgte die Zustellung zu unterschiedlichen Uhrzeiten, liegt keine gleichzeitige Zustellung vor und es gilt der Prioritätsgrundsatz.
Arbeitgeber hat die Wahl des Vorgehens
Grundsätzlich obliegt es dem Arbeitgeber, den Vollstreckungserlös zwischen den Gläubigern zu verteilen. Damit steht er aber zugleich in der Gefahr, mehrfach leisten zu müssen, wenn er die Verteilung unzutreffend vornimmt. Für den Arbeitgeber empfiehlt es sich deshalb, seine beabsichtigte Vorgehensweise zunächst den konkurrierenden Gläubigern mitzuteilen. Verlangt danach einer der Gläubiger eine andere Verteilung, so muss der Drittschuldner nach § 853 ZPO den pfändbaren Betrag hinterlegen und dies dem Verteilungsgericht unter Anzeige der Sachlage und Übersendung der ihm zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse anzeigen. § 853 ZPO gibt dem Arbeitgeber allerdings auch die Möglichkeit, unmittelbar in dieser Art und Weise vorzugehen. An die Anzeige schließt sich dann ein Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff. ZPO an. Das Verteilungsgericht stellt nachfolgend einen Teilungsplan auf, gegen dessen Ausführung ggf. die Widerspruchsklage nach § 878 ZPO statthaft ist.
Hinweis
So ist denkbar, dass einer der Gläubiger die formell ordnungsgemäße Zwangsvollstreckung des anderen Gläubigers, etwa die ordnungsgemäße Zustellung des Vollstreckungstitels, angreift. Sein Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich aus § 804 Abs. 3 ZPO. In diesem Fall wäre die gleichzeitige Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des einen Gläubigers unwirksam, weil es an den Voraussetzungen des § 750 Abs. 1 ZPO mangelt. Erlangt der Gläubiger also Kenntnis von der gleichzeitigen Zustellung anderer Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, sollte er den Drittschuldner immer zunächst auffordern, seine beabsichtigte Verteilung des Erlöses offenzulegen. Zugleich sollte er die ordnungsgemäße Vollstreckung durch den weiteren Gläubiger einer kritischen Prüfung unterziehen.
Verteilung verhältnismäßig
Die Verteilung des Vollstreckungserlöses hat dann verhältnismäßig zu erfolgen, was sich au...