Kfz wird herausgegeben, nicht aber der Brief
Bei Klagen auf Herausgabe von Fahrzeugen stellt sich das immer gleiche Problem: Der Schuldner ist verurteilt, ein näher bezeichnetes Fahrzeug nebst Schlüsseln und Fahrzeugpapieren, insbesondere auch dem Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung II) an den Gläubiger herauszugeben. Die Vollstreckung des Herausgabeurteils gelingt hinsichtlich des Fahrzeuges, nicht aber hinsichtlich des Fahrzeugbriefes. Der Schuldner erklärt und versichert dann auch an Eides statt, dass sich der Fahrzeugbrief im Besitz eines Dritten, nehmen wir an: seiner von ihm inzwischen getrennt lebenden Lebensgefährtin, befindet.
Dritter verweigert Mitwirkung
Der Dritte verweigert gegenüber dem Gerichtsvollzieher jedoch die Herausgabe. Die Straßenverkehrsbehörde weigert sich wiederum, dem Gläubiger einen neuen Fahrzeugbrief auszustellen. Der alte Fahrzeugbrief sei ja nicht verloren gegangen. Neben dem Schuldner müsse auch der Dritte in einer öffentlich beglaubigten Urkunde an Eides statt versichern, dass ihm der Brief nicht mehr vorliege. Auch die Abgabe einer solchen Erklärung verweigert er (natürlich). Außerhalb von Zwangsverfahren ist nichts zu erreichen. Wie kommen wir also weiter?
Herausgabeanspruch nach § 886 BGB
Nach dem mitgeteilten Sachverhalt besteht nicht nur ein Titel über die Pflicht zur Herausgabe des Fahrzeuges, sondern auch über die weitergehende Herausgabe des Kfz-Briefes. Insoweit kann also dessen Herausgabe isoliert von der Herausgabe des Fahrzeuges ebenfalls vollstreckt werden. Einer weiteren Titulierung bedarf es nicht mehr. Das erspart im ersten Schritt erheblichen Aufwand.
Hinweis
Die Fallkonstellation ist ein Beleg dafür, dass die Zwangsvollstreckung schon im Erkenntnisverfahren beginnt. Hier ist es wichtig, nicht darauf zu vertrauen, dass der Schuldner nach der Verurteilung zur Herausgabe der Hauptsache auch alle damit in Verbindung stehenden Nebensachen wie etwa die Zulassungsbescheinigung I (Fahrzeugschein) und Zulassungsbescheinigung II (Fahrzeugbrief), die Fahrzeugschlüssel, die Bedienungsanleitung und ggf. auch bestimmte Codes für das Navigationsgerät und/oder das Radio herausgibt. Vor diesem Hintergrund sollten diese Nebensachen ebenfalls in den Klageantrag auf Herausgabe mit aufgenommen werden.
Es ist nach der Herausgabebereitschaft zu unterscheiden
Für die weitere Zwangsvollstreckung ist dann zu unterscheiden, ob der Dritte, der im Besitz des Fahrzeugbriefes oder auch einer sonstigen Nebensache sein soll, zur Herausgabe des Kfz-Briefes bereit ist oder – wie im vorgegebenen Fall – hierzu nicht bereit ist.
Befindet sich die herauszugebende Sache im Gewahrsam eines zur Herausgabe bereiten Dritten, wirft dies keine besonderen Probleme auf. Die Vollstreckung erfolgt gem. § 809 ZPO analog nach § 883 ZPO (Goebel/Krumscheid, Anwaltformulare Zwangsvollstreckungsrecht, 5. Aufl. 2016, § 12 Rn 25). Der Gerichtsvollzieher nimmt die Sache dem zur Herausgabe bereiten Dritten weg und übergibt sie dem Gläubiger.
Der nicht herausgabebereite Dritte
Schwieriger stellt sich die Sachlage dar, wenn der Dritte nicht zur Herausgabe bereit ist. Nach § 750 ZPO kann die Vollstreckung nur für und gegen die im Vollstreckungstitel genannten Personen betrieben werden. Da der Herausgabetitel sich vorliegend gegen den Schuldner, nicht aber gegen den besitzenden Dritten richtet, kann also nicht unmittelbar gegen den Dritten vollstreckt werden, soweit dieser nicht zur Herausgabe bereit ist. Die Vollstreckung gegen einen nicht zur Herausgabe bereiten Dritten würde eine verbotene Eigenmacht darstellen (LG Bielefeld NJW 1956, 1879; Goebel/Krumscheid, Anwaltformulare Zwangsvollstreckungsrecht, 5. Aufl. 2016, § 12 Rn 26).
Hier muss gepfändet werden
Der Dritte wird regelmäßig aber keinen Anspruch gegenüber dem Schuldner auf den Kfz-Brief haben. Dies bedeutet, dass der Schuldner seinerseits einen Anspruch gegen den Dritten auf Herausgabe des Kfz-Briefes aus Vertrag (Verwahrungsverhältnis, Leihe), aus Delikt (§ 823 Abs. 2 BGB), aus Bereicherungsrecht (§ 812 BGB) oder auch aus seinem dinglichen Recht (§ 985 BGB) haben kann. Auf eben diesen Anspruch kann der Gläubiger nach §§ 828, 829, 847 ZPO zugreifen. Der Gläubiger kann den Herausgabeanspruch, den der Schuldner gegen den Dritten hat, nach § 886 ZPO pfänden und sich nach den Vorschriften über die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung überweisen lassen.
Hinweis
Zeigt sich zumindest der Schuldner kooperativ, können die mit der Pfändung verbundenen Kosten und auch der Zeitaufwand allerdings erspart werden, wenn der Schuldner seinen Herausgabeanspruch gegen den Dritten an den Gläubiger abtritt.
Vorgehen wie bei der Forderungspfändung
Der Herausgabeanspruch wird für den Fall der Pfändung im Auftrag des Gläubigers vom Vollstreckungsgericht – dort dem Rechtspfleger – entsprechend §§ 829, 847 ZPO gepfändet und dem Gläubiger nach § 835 ZPO zur Einziehung überwiesen. Im Unterschied zu der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in Herausgabeansprüche nach den §§ 846, 848 ZPO erf...