BGH sieht keinen Grund für die Freigabe
Der Antrag ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen des § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg, auch wenn die beabsichtigte Rechtsbeschwerde nach Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft wäre (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO). Das Beschwerdegericht hat richtig entschieden.
Nicht alle Abgrenzungsfragen sind relevant
Dabei kann dahinstehen, in welchem Umfang und nach welchen Maßstäben Honorarforderungen für ärztliche Behandlungen, die vor einer Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters begonnen worden sind, nach der Freigabeerklärung der Insolvenzmasse oder dem Schuldner zuzuordnen sind (BGHZ 167, 363 Rn 25; BGH NZI 2013, 641; BSGE 118, 30). Ebenso kann dahinstehen, in welchem Umfang für Einkünfte eines selbstständig tätigen Schuldners bei einer nicht freigegebenen Tätigkeit nach Insolvenzeröffnung Pfändungsschutz nach § 850i ZPO besteht. Beide Fragen stellen sich im Streitfall nicht. Soweit die Honorarforderungen im Streitfall dem Schuldner zustehen sollten, besteht gegenüber der Masse kein Raum für einen Pfändungsschutz nach § 850i ZPO. Selbst wenn die Honorarforderungen im Streitfall der Masse zustehen sollten, kann der Schuldner für solche Forderungen keinen Pfändungsschutz nach § 850i ZPO für Zeiträume beantragen, die nach der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit liegen.
§ 850i ZPO findet keine Anwendung gegenüber der Masse
Bezogen auf den Neuerwerb aus der freigegebenen selbstständigen Tätigkeit findet § 850i ZPO im Verhältnis zur Masse keine Anwendung.
Die Freigabe von Vermögenswerten durch den Verwalter (vgl. § 32 Abs. 3 S. 1 InsO) bedeutet, dass der Insolvenzbeschlag erlischt und der Schuldner die Verfügungsbefugnis zurückerhält. Die betroffenen Gegenstände scheiden aus der Insolvenzmasse aus und unterliegen ebenso wie das insolvenzfreie Vermögen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners. Bei der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners knüpft § 35 Abs. 2 S. 1 InsO klarstellend an die allgemeine Freigabebefugnis des Insolvenzverwalters an. Mit der Freigabeerklärung verzichtet der Verwalter endgültig und unbedingt auf seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des Vermögens aus der selbstständigen Tätigkeit. Infolge der Freigabe fällt darum der Neuerwerb des Schuldners aus der freiberuflichen Tätigkeit – anders als bei einer Fortsetzung der selbstständigen Tätigkeit durch den Verwalter selbst – nicht mehr in die Masse. Die vom Schuldner ab Wirksamwerden einer Freigabeerklärung aus der selbstständigen Tätigkeit erzielten Einkünfte stehen darum als ihm gehörendes Vermögen grundsätzlich nur den Gläubigern, deren Forderungen erst nach der Freigabeerklärung entstanden sind, als Haftungsmasse zur Verfügung (BGH NZI 2013, 641). Für § 850i ZPO ist im Verhältnis zur Masse für den Neuerwerb des Schuldners nach der Freigabe kein Raum, weil er nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegt, sondern insgesamt seiner Verfügungsbefugnis unterfällt.
Honorarforderungen gegen KV von der Freigabe umfasst
Soweit die streitigen Honorarforderungen des Schuldners gegen die KV ab Verfahrenseröffnung begründet sind, sind sie sämtlich als Neuerwerb von der Freigabeerklärung erfasst und unterfallen deswegen nicht § 850i ZPO. Zwar verwirklicht sich die Freigabe nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO mit dem Zugang der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters beim Schuldner, die vorliegend am 11.2.2017 dem Schuldner zugestellt worden ist. Gleichwohl ist nicht auf den Zeitpunkt des Zugangs dieses Schreibens abzustellen, weil der Insolvenzverwalter die Freigabe ausdrücklich mit Wirkung auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilt hat. Demgemäß hat er dem Schuldner für den Zeitraum ab Verfahrenseröffnung am 9.2.2017 bis Wirksamwerden der Freigabe am 11.2.2017 nach § 35 Abs. 2 InsO für die bis dahin entstandenen Forderungen eine an keine zeitlichen Voraussetzungen geknüpfte Einzelfreigabe erteilt.
Ungeachtet dessen: kein Anspruch aus § 850i ZPO
Soweit der Schuldner im Hinblick auf die angekündigten Zahlungen der KV einen Antrag nach § 850i ZPO gestellt hat, hat dieser, selbst wenn diese Forderungen nicht von der Freigabeerklärung erfasst wurden, ebenfalls keinen Erfolg.
Einkünfte, die ein selbstständig tätiger Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielt, gehören in vollem Umfang ohne einen Abzug für beruflich bedingte Ausgaben zur Insolvenzmasse. Der Schuldner kann nur gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 InsO, § 850i Abs. 1 ZPO beantragen, dass ihm von seinen durch Vergütungsansprüche gegen Dritte erzielten Einkünften ein pfandfreier Betrag belassen wird. Dem Schuldner ist auf Antrag so viel zu belassen, wie er während eines angemessenen Zeitraums für seinen notwendigen Unterhalt benötigt, aber nicht mehr, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Arbeitseinkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde. Hiermit verweist § 850i Abs. 1 ZPO auf die Pfändungss...