Das unbefriedigende Vermögensverzeichnis
Welcher Gläubiger und Rechtsdienstleister kennt die Situation nicht: Es wird – insbesondere bei einem Selbstständigen hoffnungsfroh – der Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft gestellt. Das dann aufgestellte und/oder übersandte Vermögensverzeichnis enthält aber keinen Hinweis auf zugriffsfähiges Vermögen. Gerade bei einem Selbstständigen wären hier Umsätze und auch Gewinne zu erwarten.
Die Ansprüche des Selbstständigen
Der Selbstständige, der etwa Dritten Dienste leistet, Gewerke herstellt oder Waren verkauft, erwirbt Ansprüche auf die Dienstleistungsentgelte, Werklohn oder den Kaufpreis. Diese Ansprüche sind grundsätzlich im Wege der Forderungspfändung nach §§ 828 ff. ZPO pfändbar. Drittschuldner sind die Auftraggeber oder Käufer. Die für die Pfändung erheblichen Informationen, d.h. Grund, Art und Höhe der Forderung sowie die ladungsfähige Anschrift des Drittschuldners müssen im Wege der Vermögensauskunft ermittelt werden.
Die Vermögensauskunft beim Selbstständigen
Der Schuldner ist nach § 802c Abs. 1 S. 1 ZPO verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen zu geben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen.
Um dieser Verpflichtung nachzukommen, hat er zunächst Frage 12 im Vermögensverzeichnis zu beantworten.
Ausgehend hiervon muss er dann im Ergänzungsblatt 1 zum Vermögensverzeichnis nähere Angaben zu seinem Erwerbsgeschäft machen.
Hierzu gehören die Stammdaten des Unternehmens, Auskünfte über die Einrichtung der Geschäftsräume nebst Inventar, Fahrzeugen und Maschinen sowie über (Waren-)Vorräte. Vor allem gehört dazu aber auch die Angabe über laufende Aufträge sowie über Außenstände aus abgeschlossenen oder laufenden Aufträgen.
Die Pfändung der Ansprüche
Aufgrund dieser Angaben kann dann der Gläubiger die bezeichneten Ansprüche bei den Dritten pfänden (§ 829 ZPO) und einziehen (§ 835 ZPO).
Hinweis
Der Pfändungsschutz für den Schuldner bestimmt sich in diesen Fällen nach § 850i ZPO und ist dem des abhängig Beschäftigten ähnlich. Werden nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, gepfändet, so hat das Gericht dem Schuldner auf Antrag nach § 850i Abs. 1 ZPO während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, wie ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde. Bei der Entscheidung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbesondere seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten, frei zu würdigen. Der Antrag des Schuldners ist insoweit abzulehnen, als überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen.
Die unzureichende Auskunft
Vorstehend ist der theoretische Idealfall geschildert. Die Praxis ist leider häufig anders. So geben viele Schuldner weder Umsätze noch Gewinne an. Beides kann nicht überzeugen und ist nicht nachvollziehbar. In diesen Fällen kommt ein Antrag auf Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses in Betracht.
Hinweis
Die Rechtsgrundlage für das Nachbesserungsverfahren findet sich in §§ 802c und 802d ZPO. Nur ein vollständiges, genaues und widerspruchsfreies Vermögensverzeichnis führt zur Sperrwirkung des § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Verantwortung hierfür hat neben dem Schuldner der Gerichtsvollzieher, der die Vermögensauskunft abzunehmen hat und die darauf abzugebende Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides statt nur abnehmen darf, wenn er nicht davon ausgeht, den Schuldner damit in die Strafbarkeit zu drängen.
Anspruch auf Nachbesserung
Hat der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt, so ist er nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Nachbesserung (Ergänzung) verpflichtet (BGH NJW 2004, 2979; BGH NJW-RR 2008, 1163 = FoVo 2009, 14). Besteht also der begründete Verdacht, dass das Vermögensverzeichnis nicht mit der notwendigen Sorgfalt ausgefüllt wurde, hat der Schuldner die Angaben nachzubessern. Ein solcher Verdacht drängt sich geradezu auf, wenn der Schuldner im Vermögensverzeichnis angegeben hat, ein Erwerbsgeschäft zu führen, dabei aber keine monatlichen Gewinne zu erwirtschaften und keine Umsätze zu haben (LG Aurich JurBüro 2017, 262).
Dann mal anders gefragt
Da der Schuldner unter Frage 12 bereits angegeben hat, über keine Umsätze und Gewinne zu verfügen, ist die Beantwortung der Fragen 8 und 9 aus dem Ergänzungsblatt entbehrlich geworden. Die Rechtsprechung erweitert deshalb die Verpflichtung des Schuldners um die Verpflichtung, die Auftraggeber der letzten 12 Monate und die mit diesen erzielten Umsätze anzugeben (LG Aurich JurBüro 2017, 262; AG Reinbeck DGVZ 2010, 198; LG Aschaffenburg JurBüro 2000, 328).
Hinweis
Dieser Verpflichtung liegt auch die Annahme zugrunde, dass wenigstens ein Teil der Aufträge auf einen wiederkehrenden Kundenkreis zurückgeht. Der Schuldner könnte von diesen Auft...