Für die Einzelzwangsvollstreckung richtig
Zunächst gibt es keinen Zweifel, dass die Entscheidung für die zivilprozessuale Behandlung eines Gläubigerantrages nach § 802l ZPO richtig ist. Der GV ist nicht der Mitarbeiter des Trägers der Rentenversicherung. Insoweit hat der GV nur zu prüfen, ob er verpflichtet ist, ein entsprechendes Auskunftsersuchen beim Träger der Rentenversicherung anzubringen. Diese Verpflichtung scheitert jedenfalls nicht an einer Wertgrenze, weil die allein für den GV maßgebliche Norm des § 802l ZPO eine solche nicht (mehr) vorsieht.
Öffentlich-rechtliche Behandlung ist davon gesondert zu betrachten
Ob dem Gläubiger diese Erkenntnis tatsächlich weiterhilft, ist allerdings fraglich. Von der Handlungsverpflichtung des GV ist nämlich die entsprechende Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers zu unterscheiden. Während für den GV allein § 802l ZPO maßgeblich ist, ist für die Rentenversicherung primär § 74a SGB X heranzuziehen. Dort werden in Abs. 2 explizit für die Fälle der Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens die Auskunftsrechte gegenüber dem GV von einer Wertgrenze abhängig gemacht. Die sozialrechtliche Beurteilung der Wertgrenze sieht aber gerade kein offensichtlich versehentliches gesetzgeberisches Unterlassen (vgl. Woltjen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 74a Rn 42; so auch Ulrici, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK-ZPO, 28. Edition, Stand 1.3.2018, § 755 ZPO Rn 16 a.E.; AG Neuss, 30.10.2017 – 63 M 667/17).
Hinweis
Die Rentenversicherung antwortet auf entsprechende Anfragen wie folgt: "Die Deutsche Rentenversicherung ist trotz des genannten Beschlusses des LG Bonn und unabhängig von den Anforderungen für Anfragen nach der ZPO für Antworten an die aktuelle Fassung des § 74a SGB X gebunden. Solange dieser nicht geändert ist, können wir die Voraussetzungen für Ihre Anfragen nicht abändern. Diese sind weiterhin bindend."
Eine Antwort auf Ihre Anfrage ist uns also nur möglich, wenn alle Voraussetzungen des § 74a SGB X erfüllt sind. Solange eine Gesetzesänderung nicht erfolgt ist, muss die Voraussetzung des Übersteigens der 500-EUR-Grenze erfüllt sein.“
Antragstellung kann teuer werden
Wenn empfohlen wird, dass unter Berufung auf das LG Bonn entsprechende Auskunftsersuchen an den GV gestellt werden (Mock, VE 2018, 7), muss damit gerechnet werden, dass es sich um ein kostspieliges Unterfangen ohne Ertrag handeln kann. Der GV ist zwar verpflichtet, den Auftrag – kostenpflichtig – auszuführen, wird aber abschließend nur die Weigerung des Rentenversicherungsträgers mitteilen können, Auskunft zu erteilen.
Hinweis
Es kann allenfalls – ggf. in Absprache mit dem GV – ein neues Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren provoziert werden, um dann bei richtiger prozessualer Behandlung eine Entscheidung des BGH herbeizuführen.
Übertragung und Nichtzulassung unverständlich
Nicht nachzuvollziehen ist, dass der Einzelrichter beim LG Bonn die Angelegenheit nicht auf die Kammer übertragen hat. Hier wäre die Rechtsbeschwerde zuzulassen gewesen. Anfragen an Rentenversicherungsträger werden vielfach gestellt und mehr als 62 % aller Forderungen im gerichtlichen Mahnverfahren sind unter der Streitwertgrenze von 500 EUR angesiedelt. Allein dies begründet die grundsätzliche Bedeutung der Sache. Dem BGH wurde so die Möglichkeit genommen, die Frage für die Praxis zu entscheiden.
Hinweis
Ungeachtet dessen wäre der Gesetzgeber gefordert, die offene Frage nach einem Redaktionsversehen oder einer bewussten Differenzierung zu klären.
FoVo 6/2018, S. 118 - 120