Frage nach der Angelegenheit
Die Vergütung wird jeweils für die gesamte Tätigkeit des RA innerhalb einer Angelegenheit gezahlt. Wann verschiedene oder besondere Angelegenheiten vorliegen, ergibt sich aus §§ 17 und 18 RVG.
Zu unterscheiden ist zwischen der – zu vergütenden – Vollstreckungsmaßnahme, d.h. dem gesamten Vorgang zur Durchführung einer Zwangsvollstreckung, z.B. der Pfändung von Arbeitslohn, und den einzelnen Vollstreckungshandlungen, etwa dem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, der Anforderung der Drittschuldnerauskunft oder der Aktivierung der Auskunfts- und Herausgabepflicht des Schuldners nach § 836 Abs. 3 ZPO als Teilbereiche der Vollstreckungsmaßnahme. Grundsätzlich wird nur die Vollstreckungsmaßnahme als Ganzes vergütet, § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG. Nach § 18 RVG können aber einzelne Tätigkeiten gebührenrechtlich eine besondere Angelegenheit darstellen und als solche die Gebühren gesondert auslösen.
Gütliche Erledigung ist keine "besondere" Angelegenheit
Festzustellen ist zunächst, dass die gütliche Erledigung in § 18 Abs. 1 ZPO nicht als eigenständige besondere Angelegenheit aufgeführt ist. Das unterscheidet sie von der Abnahme der Vermögensauskunft, die in § 18 Abs. 1 Nr. 16 RVG als besondere Angelegenheit ausgewiesen ist.
Hinweis
Dieser Umstand begründet, dass die gütliche Erledigung jedenfalls nicht mit der 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 für die Abnahme der Vermögensauskunft nach § 18 Abs. 1 Nr. 16 RVG abgegolten sein kann. Dort wird nämlich § 802f und auch § 802g ZPO genannt, d.h. die eigentliche Abnahme der Vermögensauskunft sowie das Haftbefehlsverfahren, aber gerade nicht § 802b ZPO, die gütliche Erledigung. Wollte man nämlich die gütliche Erledigung in diesem Sinne als "vorbereitende Handlung" der Abnahme der Vermögensauskunft sehen, wäre sie von § 18 Abs. 1 Nr. 16 ZPO – anders als bei den Vollstreckungshandlungen, die unmittelbar § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG unterfallen –, nicht erfasst. Der Wortlaut von § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 16 RVG unterscheidet sich nämlich genau in diesem Punkt. Insoweit müsste jedenfalls zwischen der Vermögensauskunft als weitere Vollstreckungsmaßnahme und anderen Vollstreckungsmaßnahmen unterschieden werden.
Gütliche Erledigung als Vollstreckungsmaßnahme
Es bleibt also die Frage, ob die gütliche Erledigung eine eigenständige Vollstreckungsmaßnahme im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 ZPO darstellt. Dies ist umstritten, nach der hier vertretenen Auffassung aber anzunehmen.
Hinweis
Die von manchen Gerichtsvollziehern verwendete Formulierung "Die gütliche Erledigung ist in jedem Verfahren – ohne gesonderte Kosten – inkludiert" ist eine bloße formelhafte Behauptung ohne Begründung. In der Sache ist sie falsch. Das ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass es sich nach § 802a Abs. 2 Nr. 1 ZPO um eine eigenständige Angelegenheit handelt, zum anderen aus dem Umstand, dass sie zwar als grundsätzlich mit beauftragt gilt, § 802a Abs. 2 S. 2 ZPO, der Gläubiger sie aber von seinem Auftrag auch ausnehmen kann. In gleicher Weise kann der Gläubiger sie ausdrücklich, isoliert und/oder bedingt beauftragen. Dass es an der gesetzlichen Inklusion fehlt, ergibt sich auch nicht zuletzt aus dem Umstand, dass auch die Gerichtsvollzieher – nachdem sie lange hierfür gekämpft haben – in jeder Fallkonstellation der gütlichen Erledigung eine eigenständige Gebühr erhalten. Auch dies müsste sonst in Frage gestellt werden (Art. 3, 12 GG). Der Staat bewertet die gütliche Erledigung für das Vollstreckungsorgan als eigenständige Angelegenheit, für den Rechtsanwalt aber nicht? Das ist kaum zu erklären.
GVG weist den Weg zur Vollstreckungsmaßnahme
Nach § 154 GVG ist der Gerichtsvollzieher ein mit Zustellungen, Ladungen und Vollstreckungen zu betrauender Beamter. Mit welchen Vollstreckungen der Gerichtsvollzieher betraut ist, ergibt sich aus der Aufzählung seiner Regelbefugnisse in § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 5 ZPO. Hierzu gehört nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO die gütliche Erledigung nach § 802b ZPO. Da es sich bei dieser Befugnis weder um eine Zustellung noch um eine Ladung handelt, kann es sich im Verständnis des Gesetzgebers nur um eine Vollstreckung handeln. Im Sinne der Einheit der Rechtsordnung muss dieses Begriffsverständnis auch bei der Anwendung von § 18 Abs. 1 Nr. 1 ZPO herangezogen werden.
Streit bei weiteren Vollstreckungsanträgen
Verschiedene Stimmen – vor allem in der kostenrechtlichen Literatur – erkennen dem Rechtsdienstleister die 0,3-Verfahrensgebühr für die Beauftragung der gütlichen Einigung zu, wollen bei der isoliert oder bedingt beauftragten gütlichen Erledigung nach deren Erfolglosigkeit dann aber von "einer" Angelegenheit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG mit der nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahme ausgehen (vgl. etwa Schneider, AnwK RVG, 8. Aufl., § 18 Rn 67 ff. m.w.N.). Das verkennt einerseits den tatsächlichen vollstreckungsrechtlichen Charakter der gütlichen Erledigung und andererseits den abweichenden systematischen Zusammenhang bei der Abnahme der Vermögen...