Mit der 9. Auflage des Musielak ist einer der drei einbändigen Standardkommentare zur Zivilprozessordnung auf den aktuellen Stand gebracht worden. Eingearbeitet wurden insbesondere das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, die Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2011, das auch im Hinblick auf die Reform der Sachaufklärung und die dann wichtigen neuen Möglichkeiten der elektronischen Antragstellung wichtige Gesetz zur Regelung von DE-Mail-Diensten sowie das Zweite Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder.
Zugleich wirft der Kommentar aber auch schon einen Blick voraus. So sind die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung, die am 1.1.2013 in Kraft treten, bereits eingearbeitet und – wenn auch nur knapp – einer ersten Kommentierung unterzogen worden. Der Kommentar weist also über den nächsten Jahreswechsel hinaus und wird deshalb auch darüber hinweg in der Zwangsvollstreckung als wichtiges und taugliches Hilfsmittel dienen können.
Erfreulich ist, dass der Kommentar im Bereich der Inkassokosten die Auffassung des AG Donaueschingen (NJW-RR 2010, 503) teilt, dass im Mahnverfahren der prozessuale Kostenerstattungsanspruch nach § 4 Abs. 4 RDGEG ein Nettobetrag ist, die Umsatzsteuer mithin zusätzlich zu berücksichtigen ist (§ 91 Rn 49). Dem Umstand, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch weitergehende materiell-rechtliche Ansprüche unberührt lässt, wird allerdings kein Platz eingeräumt.
Das Zwangsvollstreckungsrecht wird mit Herrn Lackmann und Herrn Becker von zwei erfahrenen Autoren kommentiert, die einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den Interessen von Gläubigern und Schuldnern suchen. Im Mittelpunkt steht dabei allerdings die Realisierung des titulierten Anspruchs als Verfassungsrecht und damit die Effektivität der Zwangsvollstreckung – ein Umstand, der bei anderen Kommentaren nicht in gleicher Weise anzutreffen ist. So wurde schon vor den beiden Entscheidungen des BGH zur Herausgabe von Kontoauszügen nach § 836 Abs. 3 ZPO in diesem Jahr (FoVo 2012, 69 und 73) die Auffassung vertreten, dass der Schuldner seine Kontoauszüge fortwährend herauszugeben hat (§ 836 Rn 7). Gerade der Gläubiger findet hier also einen argumentativen Helfer.
Wer mit den Wirren der Vollstreckung in den europäischen Mitgliedsstaaten zu kämpfen hat, findet im Kommentar ebenfalls eine praxistaugliche Hilfestellung. Alle einschlägigen europäischen Verordnungen werden hinreichend kommentiert, insbesondere die EUMahnVO, die EUGFVO, die EUGVVO, die EuVTVO und die EuZustVO.
Musielak, Zivilprozessordnung, 9. Aufl. 2012, 2958 Seiten, 159,00 EUR, Verlag Vahlen, ISBN 978-3-8006-4236-6