Leitsatz
Belegt eine "Abtretungsbestätigung" lediglich die Existenz eines Kauf- und Abtretungsvertrages über eine Forderung, nicht aber deren tatsächliche Abtretung, ist ohne die Vorlage des Kaufvertrages in der Form der Abtretungsbestätigung ein Nachweis der Rechtsnachfolge im Sinne des § 727 ZPO nicht zu führen.
LG Hagen, Beschl. v. 27.2.2017 – 3 T 77/17
1 I. Der Sachverhalt
Vollstreckungsbescheid vor 15 Jahren
Am 25.4.2002 erließ das AG – Zentrales Mahngericht – zugunsten der ursprünglichen Gläubigerin einen Mahnbescheid gegen den Schuldner über 15.334,75 EUR. Entsprechend erging in der Folgezeit Vollstreckungsbescheid. Die Forderung wurde sodann an die jetzige Gläubigerin abgetreten.
Streitige Umschreibung aufgrund "Abtretungsbestätigung"
Diese beantragt die Umschreibung des Titels auf sich und Klauselerteilung. Dem Antrag legte die neue Gläubigerin eine "Abtretungsbestätigung" sowie die notarielle Bestätigung der Unterschriften bei. Das AG kam dem Antrag nach. Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner Klauselerinnerung, der der Rechtspfleger nicht abhalf, worauf der Richter die Erinnerung zurückwies. Die Rechtsnachfolge sei hinreichend und formgerecht nachgewiesen worden. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner sofortigen Beschwerde. Er rügt, dass keine die Abtretung nachweisenden öffentlichen Urkunden vorgelegen hätten.
2 II. Aus der Entscheidung
§ 727 ZPO hat formelle Voraussetzungen …
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der gemäß § 727 Abs. 1 ZPO erforderliche Nachweis der Rechtsnachfolge der neuen Gläubigerin ist weder bei dem Gericht offenkundig noch durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen worden. Der streitgegenständliche Anspruch wurde mit dem ursprünglichen Vollstreckungsbescheid zugunsten der Alt-Gläubigerin tituliert. Eine Umschreibung auf die neue Gläubigerin im Rahmen des § 727 ZPO kann nur insoweit erfolgen, wie diese ihre Rechtsnachfolge in der dort genannten Form darlegt.
… die vorliegend nicht gegeben sein sollen
Diese Darlegung ist durch Vorlage der "Abtretungsbestätigung" sowie der notariellen Beglaubigung der dort enthaltenen Unterschrift nicht gelungen. Gemäß § 415 Abs. 1 ZPO begründen öffentliche Urkunden den vollen Beweis des durch die Urkundsperson beurkundeten Vorgangs. Dies bedeutet, dass insoweit die Abgabe der beurkundeten Erklärung durch die genannte Person, nicht jedoch ihre inhaltliche Richtigkeit bewiesen wird (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 415 Rn 5). Dies bedeutet vorliegend, dass durch die vorgelegte "Abtretungsbestätigung" und die notariell bestätigten Unterschriften der Beweis dafür geführt wurde, dass die beteiligten Personen erklärt haben, es gebe einen Kauf- und Abtretungsvertrag zwischen ihnen, datierend auf den 23.12.2004. Nicht jedoch wurde der Beweis dafür geführt, dass es einen solchen Vertrag tatsächlich gibt. Dafür wäre vielmehr die Vorlage des Vertrages selber in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde erforderlich gewesen.
3 Der Praxistipp
Einzelfallentscheidung
Ob die Entscheidung des LG im Ergebnis zutreffend ist, kann aufgrund des mitgeteilten Sachverhaltes nicht abschließend beurteilt werden. Dafür wäre der Inhalt der Abtretungsbestätigung im Detail mitzuteilen gewesen. Jedenfalls taugt die Entscheidung des LG nicht als "Grundsatzentscheidung", wonach die Rechtsnachfolge im Sinne des § 727 ZPO – entgegen der bisher einhelligen Praxis – nicht (mehr) durch eine Abtretungsbestätigung geführt werden könnte.
Hinweis
Das sieht offenbar auch das Landgericht so, da es anderenfalls sicher die Rechtsbeschwerde zugelassen hätte. Auch wäre dann sicher präziser zwischen der Frage nach dem Inhalt der Urkunde, der darauf bezogenen Prüfungskompetenz des Klauseler teilungsorgans und der Form des Nachweises differenziert worden. Letztlich hätte dann sicherlich eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Judikatur und Literatur auf dem aktuellen Stand (inzwischen ist der einzig zitierte Zöller schon fast zwei Jahre in der 31. Auflage erhältlich) nicht gefehlt. All das spricht dafür, dass schlicht der Inhalt der "Abtretungsbestätigung" im konkreten Einzelfall eine Rechtsnachfolge nicht belegte.
Gleichwohl hat die Entscheidung schnell große Aufmerksamkeit erregt und für Irritationen in den betroffenen Gläubigerkreisen gesorgt.
Wesentlich: der (formale) Inhalt der Urkunde
Nach dem mitgeteilten Sachverhalt lässt sich der Abtretungsbestätigung nur entnehmen, dass ein Kauf- und Abtretungsvertrag existieren soll. Das genügt dem LG nicht. Maßgeblich ist tatsächlich, dass sich aus der Urkunde die Rechtsnachfolge ergibt. Nach § 398 BGB kann eine Forderung von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Wenn exakt dies von den Parteien des Abtretungsvertrages bestätigt wird (Zessionar und Zedent), genügt dies, um die Rechtsnachfolge nachzuweisen.
Hinweis
Es reicht sogar die Erklärung des abtretenden Altgläubigers (Zedent) über die Abtret...