Leitsatz
Es entsteht eine Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung, auch wenn die Module zur Beauftragung einer gütlichen Erledigung im Auftragsformular weggelassen wurden und der Gerichtsvollzieher (GV) die gütliche Erledigung versucht hat.
LG Osnabrück, Beschl. v. 8.10.2018 – 2 T 164/18 und nachfolgend OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.1.2019 – 2 W 59/18
1 I. Der Fall
Auftrag
Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid und beauftragte den GV mit der Abnahme der Vermögensauskunft, der Verhaftung des Schuldners nach Erlass eines Haftbefehls, der Pfändung körperlicher Sachen sowie der Einholung von Auskünften Dritter. Im Vollstreckungsauftrag sind u.a. die Module E und F nicht enthalten.
Der GV brachte in seiner Kostenrechnung vom 23.5.2017 die Gebühr für eine versuchte gütliche Einigung nach KV 208 GvKostG über 8,00 EUR nebst anteiliger Auslagenpauschale in Ansatz. Der Bezirksrevisor wandte sich mit der Erinnerung gegen die Kostenrechnung des GV und machte geltend, dass der Ansatz dieser Gebühr nebst anteiliger Auslagenpauschale nicht berechtigt sei. Er vertrat die Auffassung, durch das Weglassen der Module E und F – wie im vorliegenden Fall – habe die Gläubigerin in ihrem Antrag den Versuch zur gütlichen Erledigung ausgeschlossen.
Ist Weglassen das Gleiche wie Ankreuzen?
Nicht nur durch das Ankreuzen im Modul F könne der Versuch zur gütlichen Einigung ausgeschlossen werden, sondern auch durch das kombinierte Weglassen der Module E und F fehle es an einer Beauftragung zum Versuch einer gütlichen Einigung.
Der GV hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem AG zur Entscheidung vorgelegt. Da ein GV in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein solle und weil die Gläubigerin auf den Versuch einer gütlichen Einigung durch ein entsprechendes Kreuz im Modul F nicht verzichtet habe, könne er die streitige Gebühr berechnen. Einer ausdrücklichen Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit dem Versuch einer gütlichen Einigung bedürfe es nicht, so dass es unerheblich sei, wenn im Vollstreckungsauftrag die Module E und F weggelassen würden.
Rechtsmittel der Staatskasse in allen Instanzen erfolglos
Das AG hat die Erinnerung zurückgewiesen, aber die Beschwerde zugelassen. Der GV habe die verfahrensgegenständliche Gebühr zu Recht angesetzt, er solle in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein; dies konkretisiere die Amtspflichten des GV. Dem Gläubiger stehe die Möglichkeit offen, durch Ankreuzen des Moduls F die Befugnis des Gerichtsvollziehers, eine Zahlungsvereinbarung zu treffen, auszuschließen. Wenn bei Antragstellung zugleich die Module B (gemeint E) und F weggelassen werden, folge hieraus nicht, dass der GV zum Versuch einer gütlichen Einigung nicht berechtigt wäre. Das Weglassen einer dem Gläubiger eröffneten Möglichkeit, eine Erklärung im Sinne einer Beschränkung der Befugnisse des GV abzugeben, sei nicht gleichzusetzen mit der Abgabe einer solchen Erklärung.
Das LG Osnabrück hat die Entscheidung bestätigt, zugleich aber die weitere Beschwerde zugelassen, die im Ergebnis vor dem OLG Oldenburg gleichfalls ohne Erfolg geblieben ist.
2 II. Die Erwägungen des LG und des OLG
LG und OLG halten die Gebühr für gerechtfertigt
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der GV war berechtigt, eine Gebühr nach KV 208 GvKostG anzusetzen.
Die im Verhältnis zu Nr. 207 KV GvKostG ermäßigte Gebühr nach Nr. 208 KV GvKostG fällt an, wenn der Gerichtsvollzieher den Versuch einer gütlichen Erledigung unternommen hat und gleichzeitig mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 4 ZPO beauftragt war. Dies ist vorliegend zu bejahen.
Voraussetzungen der Nr. 207 KV GvKostG lagen vor
Mit der Terminsladung zur Abgabe der Vermögensauskunft hat der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die Möglichkeit einer gütlichen Erledigung aufgezeigt, wie seiner Ladungsverfügung zu entnehmen ist. Nach ganz überwiegender Ansicht soll die Gebühr Nr. 207/208 KV GvKostG bereits dann angefallen sein, wenn der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die gütliche Erledigung mündlich oder schriftlich, in einem separaten oder auch in einem ohnehin erforderlichen Schreiben anbietet (Richter/Zuhn, DGVZ 2017, 29, 30; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2017, KV GvKostG Nr. 207 Rn 2; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.7.2016 – I-10 W 97/16, Rn 3, juris: auch nur formelhaftes Anbieten genügt; vgl. ferner Niedersächsisches Justizministerium v. 30.6.2017, 5652 – 204. 37).
Amtspflicht des GV
Gemäß § 802b Abs. 1 ZPO soll der Gerichtsvollzieher in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein. Dieser Gedanke ist als Leitlinie zu verstehen und gilt für alle Abschnitte der Zwangsvollstreckung von der Beantragung der Abnahme der Vermögensauskunft bis zur Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis (BT-Drucks 16/10069, S. 24).
Der Gläubiger bestimmt den Auftragsumfang
Der Gläubiger kann als Herr der Zwangsvollstreckung seinen Auftrag auf einzelne Maßnahmen beschränken oder sogleich mehrere Maßnahmen verlangen und ihre Reihe...