Leitsatz
Auch bei Verwendung des verbindlichen Antragsformulars für Gerichtsvollzieheraufträge ist keine Unterschrift unter dem Antrag erforderlich. Aufträge an den Gerichtsvollzieher können weiterhin unter Vorlage des Titels formlos erteilt werden.
LG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 20.12.2018 – 15 T 183/18
1 I. Der Fall
Ohne Unterschrift will der GV nichts tun
Die Bevollmächtigte der Gläubigerin hat dem Gerichtsvollzieher (GV) einen Vollstreckungsauftrag nach Maßgabe des nach der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung (GVFV) vorgegebenen Formulars erteilt. Unterschrieben hat sie das Formular nicht, was Anlass für den GV war, den Vollstreckungsantrag zurückzuweisen.
Auf die Erinnerung nach § 766 ZPO hat das AG die Amtsverweigerung des GV bestätigt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Gläubigerin.
2 II. Die Entscheidung
LG sieht kein Unterschriftserfordernis
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist gemäß §§ 793, 567 ff. ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Obergerichtsvollzieher S … durfte ihren Antrag nicht wegen Fehlens eines Unterschriftserfordernisses zurückweisen.
Vollstreckungsauftrag ist grundsätzlich formfrei
Die Gläubigerin hat den Vorgaben des Gesetzes durch Beifügung eines von einem Handlungsbevollmächtigten unterzeichneten Formblattes zum Vollstreckungsauftrag, jedenfalls aber durch Betrieb des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens genügt.
Nach den allgemeinen Vorgaben der ZPO ist die Erteilung eines Vollstreckungsauftrags gemäß § 753 ZPO grundsätzlich formfrei möglich. Grundsätzlich muss dem GV mit dem Vollstreckungsauftrag die vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels übergeben werden. Durch den Auftrag und die Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels wird der GV zur Zwangsvollstreckung legitimiert und ermächtigt, Leistungen des Schuldners entgegenzunehmen und zu quittieren (BGH NJW 2015, 1117).
Der Vollstreckungsauftrag ist grundsätzlich an keine besondere Form gebunden, so dass – abgesehen vom hier nicht gegebenen Ausnahmefall, dass der Vollstreckungsauftrag an die Stelle der Übergabe einer vollstreckbaren Ausfertigung tritt – grundsätzlich auch ein formlos erteilter Auftrag wirksam ist (vgl. BGH NJW 2015, 1117).
Rechtsmittelverfahren bekundet Vollstreckungswillen
Ohnehin wäre dem Unterschriftenerfordernis durch den Betrieb des an seinem unzweifelhaft erklärten Vollstreckungswillen keinen Zweifel lassenden Rechtsmittelverfahrens seitens des Gläubigers oder seines Verfahrensbevollmächtigten Genüge getan (vgl. BGH DGVZ 2005, 94).
Formularzwang begründet keinen Unterschriftszwang
Hieran hat sich nach Auffassung der Kammer auch durch die Einführung eines allgemeinen Formularzwangs gemäß § 753 Abs. 4 ZPO, §§ 1 ff. GVFV nichts geändert. Dabei schließt sich die Kammer der vom BGH vertretenen Rechtsauffassung, nach der sich der Antragsteller zwingend der vom Verordnungsgeber vorgegebenen Formulare zu bedienen hat (BGH WM 2018, 2096 m.w.N.), vollumfänglich an.
Im Grundsatz besteht ein Formularzwang, von dem nur eine Ausnahme gemacht werden kann, soweit für den beabsichtigten Antrag keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formularfeld besteht, was voraussetzt, dass das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist (vgl. WM 2018, 2096 m.w.N.). Lediglich in einem solchen Fall wäre es nicht zu beanstanden, wenn der Gläubiger im Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder auf beigefügte Anlagen Bezug nimmt (BGH WM 2018, 2096 m.w.N.).
Unterschrift ist keine höchstrichterliche Anforderung
Entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts lässt sich der bislang zu den einzelnen (vergleichbaren) Formularverordnungen ergangenen Rechtsprechung des BGH nicht entnehmen, dass auch die Verwendung des in den Vordrucken vorgesehenen Unterschriftenfelds für die Formwirksamkeit des Antrags obligatorisch ist.
Unterschriftsfeld ist kein Modul
Dies ist nach den Vorgaben des Verordnungsgebers auch nicht der Fall. Grundsätzlich sind zwar inhaltliche Abweichungen von den Formularen gemäß § 2 Abs. 1 GVFV unzulässig. Andererseits reicht es gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 GVFV ausdrücklich aus, wenn bei Gericht nur die Module des Formulars eingereicht werden, die Angaben des Antragstellers enthalten. Die Unterschriftenzeile ist indes – entgegen der zunächst vom Obergerichtsvollzieher vertretenen Auffassung – nicht Bestandteil des Moduls Q. Bei näherer Betrachtung erweist es sich vielmehr, dass die Unterschriftenzeile kein Bestandteil des modularen Aufbaus des Formulars ist und m.a.W. gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 GVFV auch unter Formalitätsgesichtspunkten weggelassen werden darf.
Unterschriftszeile ist nicht inhaltsrelevant
Gemäß § 2 Abs. 5 GVFV ist Modul im Sinne der Verordnung jeder Teil des Formulars, der Angaben des Antragstellers enthält, die in einem inhaltlichen und formalen Zusammenhang stehen, wozu insbesondere die Teile des Formulars gehören, die Angaben zu dem Gläubiger und dem Schuldner sowi...