BGH hebt auf und verweist zurück
Die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). Insbesondere liegt die für das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde erforderliche Beschwer vor.
Beschwer ist vorhanden
Die Beschwer muss als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung für jedes Rechtsmittel nach der Zivilprozessordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel gegeben sein. Ihr Wegfall macht das Rechtsmittel unzulässig und führt zu seiner Verwerfung (BGH NJW-RR 2004, 1365; BGH NJW-RR 2018, 384 m.w.N.; BGH WM 2018, 1701 Rn 12). Der Schuldner ist durch den angefochtenen Beschluss beschwert, mit dem seine sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen worden ist. Die Erfolglosigkeit dieses Antrags begründet seine formelle Beschwer.
Die Beschwerde des Schuldners war nicht unzulässig
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann die sofortige Beschwerde des Schuldners nicht als unzulässig verworfen werden. Die sofortige Beschwerde des Schuldners (§ 793, § 567 Abs. 1 ZPO) ist weder vorzeitig noch zu spät eingelegt worden.
Beginn der Beschwerdefrist: Kenntnisnahme vom Haftbefehl
Die Notfrist von zwei Wochen für die Einlegung der sofortigen Beschwerde (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) beginnt, sofern nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO. Nach § 802g Abs. 1 S. 3 ZPO bedarf es einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung nicht. Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen GV (§ 802g Abs. 2 S. 1 ZPO). Der GV händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus (§ 802g Abs. 2 S. 2 ZPO).
Hier: Zeitpunkt der Kenntnisnahme nicht feststellbar
Das AG hat den Haftbefehl am 15.3.2018 erlassen und am 21.3.2018 eine Ausfertigung und eine beglaubigte Abschrift hiervon der Gerichtsvollzieherverteilerstelle zugeleitet. Eine Bekanntgabe an den Schuldner hat es nicht angeordnet. Die Ausfertigung des Haftbefehls ist bei der Gerichtsvollzieherverteilerstelle am 23.3.2018 eingegangen. Der Schuldner hat mit am 4.4.2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 29.3.2018 gegen den Haftbefehl sofortige Beschwerde eingelegt. Wie und wann der Schuldner von der Existenz des Haftbefehls erfahren hat, lässt sich der Akte des Vollstreckungsgerichts nicht entnehmen.
Es kann offenbleiben, ob die Gläubigerin dem Schuldner den Haftbefehl hat zustellen lassen und ob eine solche Zustellung des Haftbefehls im Parteibetrieb die Beschwerdefrist auslöst.
Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht beginnt die Beschwerdefrist erst mit der Aushändigung des Haftbefehls an den Schuldner bei seiner Verhaftung (Zöller/Seibel, ZPO, 32. Aufl., § 802g Rn 15; Prütting/Gehrlein/Meller-Hannich, ZPO, 10. Aufl., § 802g Rn 17). Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass der Gläubiger eine amtswegige Zustellung des Haftbefehls beantragen könne, um die Rechtsmittelfrist in Gang zu setzen (OLG Dresden JW 1938, 470; Voit, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 802g Rn. 9 f.; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 6. Aufl., § 802g ZPO Rn 17; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 77. Aufl., § 802g Rn. 22; a.A. Zöller/Seibel a.a.O. § 802g Rn 15). Teilweise wird angenommen, auch eine durch den Gläubiger veranlasste Zustellung im Parteibetrieb könne die Beschwerdefrist in Gang setzen (LG Ulm NJW 1963, 867).
BGH: Beschwerde jedenfalls ab der Existenz des Haftbefehls
Soweit man annimmt, die Beschwerdefrist könne bei einer unterbliebenen Zustellung von Amts wegen erst mit der Übergabe einer beglaubigten Abschrift des Haftbefehls bei der Verhaftung durch den GV (§ 802g Abs. 2 ZPO) beginnen, steht dies der vorherigen Erhebung der sofortigen Beschwerde nicht entgegen (vgl. OLG Dresden JW 1938, 470). Eine Beschwerde ist bereits dann zulässig, wenn der Haftbefehl mit Hinausgabe aus dem Geschäftsbetrieb des Gerichts existent geworden ist (Zöller/Seibel a.a.O. § 802g Rn 15).
Könnte eine Zustellung des Haftbefehls im Parteibetrieb den Lauf der Beschwerdefrist in Gang setzen und wäre von einer solchen Parteizustellung im Streitfall auszugehen, wäre das Rechtsmittel des Schuldners rechtzeitig. Die Gläubigerin hätte erst mit Eingang des Haftbefehls bei der Gerichtsvollzieherverteilerstelle in Leipzig eine Parteizustellung an den Schuldner veranlassen können. Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist innerhalb von zwei Wochen nach diesem Datum bei Gericht eingegangen. Damit wäre die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 569 Abs. 1 S. 2 ZPO) gewahrt.
Für die sofortige Beschwerde mit ihrem ursprünglichen, auf Aufhebung des Haftbefehls gerichteten Antrag bestand für den Schuldner allerdings kein Rechtsschutzinteresse mehr.
Rechtsbehelfe vom Beginn bis zum Ende der ZV
Die Rechtsbehelfe des Zwangsvollst...