BGH begründet einen weiteren Teilerfolg
Die gegen die Beurteilung des OLG gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist aufgrund ihrer Zulassung gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache wendet sie sich nicht gegen die Beurteilung, es liege kein Fall einer unbilligen Härte im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EGStGB vor. Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich gegen die Vollstreckung aus dem Beschluss des LG vom 11.12.2014 und aus dem Beschluss des LG vom 24.2.2015 wendet. Nicht begründet ist die Rechtsbeschwerde dagegen, soweit sie sich gegen die Vollstreckung aus dem Beschluss des LG vom 20.4.2015 richtet.
1. Vollstreckung aus dem Beschluss vom 11.12.2014
Das OLG ist bei diesem Beschluss und ebenso bei den anderen beiden Beschlüssen mit Recht und von der Rechtsbeschwerde auch unangegriffen davon ausgegangen, dass für die Verjährung des dort festgesetzten Ordnungsmittels gemäß § 890 ZPO die Regelung des Art. 9 EGStGB gilt (vgl. BGHZ 161, 60; BGH GRUR 2012, 427 Rn 7 = NJW 2011, 3791 – Aufschiebende Wirkung). Ebenfalls zutreffend ist die Beurteilung des OLG, nach der Festsetzung eines Ordnungsmittels könne keine Verfolgungsverjährung mehr eintreten, so dass ab diesem Zeitpunkt allein noch die Vollstreckungsverjährung gemäß Art. 9 Abs. 2 EGStGB in Betracht komme (vgl. BGHZ 161, 60, 64 bis 66; BGH GRUR 2012, 427 Rn 7 f. – Aufschiebende Wirkung; BGH WM 2013, 711 Rn 23).
Frist der Vollstreckungsverjährung: zwei Jahre
Das Beschwerdegericht hat weiterhin mit Recht und auch insoweit von der Rechtsbeschwerde unangegriffen angenommen, dass die Frist für die Vollstreckungsverjährung, die gemäß Art. 9 Abs. 2 S. 2 EGStGB zwei Jahre beträgt, bei dem Beschl. v. 11.12.2014 mit dessen Zustellung an die Schuldnerin am 18.12.2014 zu laufen begonnen hat, da damit das in dem Beschluss enthaltene Ordnungsmittel vollstreckbar geworden ist (vgl. Art. 9 Abs. 2 S. 3 EGStGB; BGHZ 161, 60, 65; BGH WM 2013, 711 Rn 28).
Aber: Hemmung darf nicht vergessen werden
Ebenfalls zutreffend ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts, die Verjährung habe nachfolgend gemäß Art. 9 Abs. 2 S. 4 Nr. 1 EGStGB in der Zeit zwischen der Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen diesen Beschluss am 22.12.2014 und der Zustellung der hierauf ergangenen Entscheidung des Beschwerdegerichts am 7.4.2015 geruht (vgl. BGH GRUR 2012, 427 Rn 8 bis 10 – Aufschiebende Wirkung). Dasselbe gilt für die Annahme, die Vollstreckungsverjährung habe in der Zeit vom 23.3. bis zum 9.5.2017 in Bezug auf alle verfahrensgegenständlichen Ordnungsmittel gemäß Art. 9 Abs. 2 S. 4 Nr. 2 EGStGB geruht, weil das Beschwerdegericht die Vollstreckung aus diesen Beschlüssen mit Beschl. v. 23.3.2017 für die Dauer von fünf Monaten, längstens bis zur Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsbeschwerde des Betroffenen in dem Parallelverfahren vor dem Beschwerdegericht mit dem Aktenzeichen 2 W 74/16 ausgesetzt und das BVerfG diese Entscheidung am 9.5.2017 (vgl. BVerfG NJW-RR 2017, 957) getroffen habe.
Hemmt auch der Antrag auf Haftverschonung?
Die nach den vorstehenden Ausführungen im Dezember 2014 angelaufene und danach insgesamt rund fünf Monate lang ruhende Vollstreckungsverjährung wäre im Mai 2017 und damit vor der Einlegung der vorliegenden Rechtsbeschwerde am 4.8.2017, die als solche wiederum gemäß § 575 Abs. 5, § 570 Abs. 1 ZPO aufschiebende Wirkung gehabt und damit die Verjährung zum Ruhen gebracht hätte, nicht abgelaufen gewesen, wenn die Vollstreckungsverjährung auch seit dem vom Betroffenen am 25.8.2016 beim LG gestellten Antrag auf Haftverschonung gemäß Art. 8 Abs. 2 EGBGB in Verbindung mit § 765a ZPO bis zur Ablehnung dieses Antrags mit dem dem Betroffenen am 27.12.2016 zugestellten Beschluss des LG vom 20.12.2016 erneut gemäß Art. 9 Abs. 2 S. 4 Nr. 1 EGStGB zum Ruhen gebracht worden wäre. Das OLG ist von einem solchen weiteren Ruhen der Vollstreckungsverjährung ausgegangen.
Der BGH sagt: nein!
Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. Die Vollstreckbarkeit des im Beschluss des LG vom 11.12.2014 festgesetzten Ordnungsmittels kann daher nicht mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung bejaht werden.
Das Beschwerdegericht hat zu dem von ihm im Hinblick auf den Antrag des Betroffenen auf Haftverschonung auch für die Zeit vom 25.8. bis zum 27.12.2016 angenommenen Ruhen der Vollstreckungsverjährung ausgeführt, das Vollstreckungshindernis, das zum Ruhen der Verjährung führe, könne sich auch aus einem anderen Gesetz als der Zivilprozessordnung und daher im Lichte der neueren Rechtsprechung zur Bedeutung der Grundrechte wie insbesondere des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit unmittelbar aus dem materiellen Verfassungsrecht ergeben. Zwar hindere ein verfahrensbezogener Antrag wie der vom Betroffenen hier gestellte Antrag auf Haftverschonung die Vollstreckung nicht, weil das Gesetz bei einem solchen Antrag anders als in § 570 Abs. 1 ZPO für die Beschwerde gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln und...